Norder Hafen

Aus Norder Stadtgeschichte
(Weitergeleitet von Kajung)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Norder Hafen

Die Karte wird geladen …
Basisdaten
Kategorie Orte in Norden
Stadtteil/-viertel Norden
Genaue Lage Am Hafen

26506 Norden

Der Norder Hafen befindet sich am südlichen Stadtrand von Norden. Möglich wurde der Bau nach mehreren verheerenden Sturmfluten im 14. Jahrhundert, die eine Ausweitung der Leybucht begünstigten, wodurch der Marktort Norden zu einem Hafenort mit eigenem Seehafen wurde. Infolge der zunehmenden Verlandung des Norder Tiefs sowie zahlreicher Eindeichungen rund um die Leybucht entwickelte sich der um 1376 bzw. um 1570 errichtete Norder Hafen im Laufe der Zeit zu einem Binnenhafen ohne direkten Zugang zum Meer, dessen endgültiges Ende als Seehafen mit dem Bau des Leybuchtsiels im Jahre 1929 besiegelt wurde. Nachfolgend erlangte er noch einige Bedeutung als Binnenhafen, insbesondere durch Torfkähne der Norder Fehngesellschaft, bis diese jedoch auch in den 1960er Jahren abnahm.

Geschichte

Vorgeschichte

Bereits vor den Entstehung eines richtigen Norder Hafens gab es vereinzelte Anlegestellen in und um Norden, insbesondere an Sielen. Diese wurden auch als Sielhafen bezeichnet.[1] Daneben hat es offenbar auch einen kleinen Hafen in der Nähe der Ennenburg gegeben, von wo aus die Attena die Piraterie unterstützten, weshalb ihre Burg 1408 von den Hamburgern zerstört wurde.[2]

Insbesondere in den Marschgebieten hatten die einzelnen Höfe ihre eigenen Anlegestellen, mit denen sie die Verbindung zu den anderen Höfen und Orten hielten. Seinerzeit gab es noch keine befestigten Straßen und bedingt durch den schweren Marschboden, den damals sehr hohen Grundwasserspiegel und unzureichende Entwässerungssysteme standen die Ländereien insbesondere in den Wintermonaten oftmals unter Wasser und waren damit unpassierbar. Die unzähligen Kanäle und Tiefs dienten somit nicht nur der Entwässerung, sondern auch als Wasser- und Handelsstraße, über die noch bis ins 19. Jahrhundert ein Großteil der von der Landwirtschaft erzeugten Waren ihren Weg zum Marktplatz fanden.[3]

Beginn und Aufstieg

Nach mehreren verheerenden Sturmfluten im 14. Jahrhunderten, insbesondere der Zweiten Marcellusflut und der Ersten Dionysiusflut erreichte die Leybucht ihre größte Ausdehnung. Rund um die Stadt Norden kam es zu Überschwemmungen und Landverlusten. Zahlreiche Menschen starben in den Fluten oder verloren ihre Habe an die Wassermassen, welche sogar bis nach Lütetsburg reichten. Dort zeugen noch immer einige Kolke im Umfeld der heutigen Umgehungsstraße von der massiven Überschwemmung. Das heutige Süderneuland wurde vollends überschwemmt und (vorerst) musste dem Meer überlassen werden. Erst ab 1425 begannen mit dem Bau des Udo-Focken-Deichs Maßnahmen zur Sicherung und schließlich ab 1556 auch solche zur Landgewinnung.

Die Vergrößerung der Leybucht führte jedoch auch dazu, dass Norden, welches auf einer erhöhten Geestinsel liegt und dessen Kernstadt daher weitestgehend verschont blieb, nun über einen direkten Zugang zum Meer verfügte. Brachten die Fluten noch so viel Unheil mit sich, wussten die Norder die neuen Umstände zu ihrem Vorteil zu Nutzen und errichteten 1376 einen Seehafen an der südlichen Stadtgrenze, die sich damals noch in etwa in Höhe Am Alten Siel befand.[4]

Möglich ist, dass Norden schon vor dem Bau eines richtigen Hafens einen regen Schiffshandel führte. In einer Urkunde vom 7. September 1310, unterzeichnet unter anderem von Hunno dictus Onnenga, wird die Sicherheit des Schiffsverkehrs zwischen dem Norderland und der Stadt Bremen vertraglich geregelt.[5] Dieser Vertrag könnte sich jedoch auch darauf bezogen haben, die Piraterie zum Nachteil der Hanseatischen Schiffe zu unterbinden. Aber auch die Norder Schiffe wurden Opfer der Piraterie durch direkte oder indirekte Beteiligung mit der Stadt verfeindeter Häuptlinge. So wird im Jahre 1494 der Häuptling Edo Wiemken (Östringen, Rüstringen) von Graf Edzard vor einem Bremer Gericht verklagt, da dieser elf Norder Schiffe beschädigt hatte.[6] Die Unterstützung der Piraterie durch die tom Brook führte gar zur Zerstörung der Ennenburg durch Soldaten der Hansestadt Hamburg.[7] Auch der Norder Vertrag von 1255 sowie weitere Verträge von 1269 und 1367 regelten Handelsbeziehungen zwischen Norden und Bremen. Vor allem versprachen die Verträge den Händlern freies Geleit und Schutz vor Piraterie.[8]

Der Norder Hafen auf einer historischen Karte.

Die Norder schafften es relativ schnell, ihre Randlage für den Aufbau einer Handelsflotte zu nutzen und da ihnen ein unwegsames Hochmoor die Verbindung mit dem Hinterland im Süden stark erschwerte und kein Fluss ihnen die binnenländischen Gebiete öffnete, versuchten sie erfolgreich den Seehandel bis nach Lübeck, Geldern und Flandern.[9] Später kamen noch weiter entfernte Ziele wie Riga (Lettland), Nowgorod (Russland) und Danzig (Westpreußen, seit 1945 zu Polen) hinzu.[10] Regelmäßige Verbindungen bestanden nach Amsterdam, Groningen, Hamburg und Bremen.[11] Schon bald verlieh die Landesherrschaft der Stadt eine eigene Handelsflagge, unter der die Schiffe andere Häfen ansteuerten. Als Schiffseigentümer traten vor allem weltliche, aber auch kirchliche Herren in Erscheinung, so etwa der Abt des Klosters Marienthal.[12]

Zwar stand die Norder Handelsflotte der Emdens stets nach, doch bescherte sie der Stadt lange Zeit eine wirtschaftliche Blüte. In einem Dokument aus dem Jahre 1530 wurden die Norder Ausfuhrgüter gerühmt. So wurden in dieser Zeit offenbar vor allem "vorzügliche Pferde, große und fette Rinder, Butter, Käse, Bohnen und andere Hülsenfrüchte, Seefische, Wolle und Hanf, Honig und Flachs" ausgeführt.[13] Weitere wichtige Exportgüter waren Salz, gewonnen aus Salztorf (abgestorbenes, mit Salzwasser vollgesogenes Moor), das in zahlreichen Siedereien in der Umgebung gewonnen wurde sowie Kalk, das man in Kalkmühlen aus Muscheln herstellte und das seinerzeit ein verbreiteter Baustoff war.[14] Eingeführt wurden vor allem Weizen, Roggen, Obst, Zwiebeln, Wein, Tuche und das begehrte Hamburger Bier.[13]

Durch die Landgewinnungsmaßnahmen ab 1556 zur Rückgewinnung des Süderneulandes wurde das Große Norder Siel errichtet und der Hafen um 1570 an seine heutige Stelle verlagert.[15] In Anbetracht der Tatsache, dass das Süderneuland ab 1556 zurückgewonnen wurde, ist der Bau des heutigen Hafens in der Zeit zwischen 1556 (Beginn der Eindeichungen) und 1583 (Fertigstellung des Neuen Süderdeichs) zu suchen.[16] Der Norder Hafen wurde auf beiden Seiten mit Deichen geschützt. Um 1585 wurden die Hafenmauer (Kajung) und die Zuwegungen befestigt.[17]

Noch bis in das späte 16. Jahrhundert, insbesondere auch wegen des Krieges zwischen den Niederlanden und Spanien, nutzten niederländische Freibeuter, die sogenannten Geusen, den Norder Hafen als Umschlagplatz für ihre Waren und Liegeplatz. Trotz gräflichen Verbotes wurde dies lange Zeit durch die Norder stillschweigend geduldet, da diese oftmals selbst von erbeuteter Waren profitierten. Erst als Freibeuter drei Frauen aus dem Groningerland nach Norden verschleppten, rottete sich ein wütender Mob zusammen und brachte die Frauen im Alten Rathaus in Sicherheit. Die Freibeuter planten daraufhin, das Gebäude zu stürmen, woraufhin die Norder zu den Waffen griffen und die Freibeuter vertrieben. Ihre beiden Kapitäne wurden vor dem Stadtgericht angeklagt und nach kurzer Haft hingerichtet.[18] Der amtierende Bürgermeister Bernhard von Münster wurde wegen Kollaboration mit den Freibeutern aus seinem Amt entlassen.[19]

Blütezeit

In den Folgejahren gedieh der Handel im Hafen fortwährend, was unter anderem auch darauf zurückzuführen war, dass die benachbarten Niederlande immer wieder in kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt war oder mit Embargos anderer Staaten belegt wurde. Dadurch wurde es beispielsweise schwer, unter niederländischer Fahne einige Seewege passieren zu dürfen oder aber es wurden Kaperbriefe für Freibeuter ausgeschrieben, die sich schadlos an den niederländischen Schiffen hielten. Daher suchten viele Kaufleute den Schutz der neutralen ostfriesischen Handelsfahnen.[20] Davon profitierte insbesondere die Stadt Emden, aber auch Norden. Seit dem 17. Jahrhundert befuhren Norder Schiffe das Meer sogar bis nach Spanien.[21] Im Jahre 1610 erstellte der Magistrat eine erste Hafenordnung, in der genau geregelt wurde, wer welche Aufgaben bzw. Rechte im Hafen wahrnehmen und welchen Anteil am Handelsaufkommen einbehalten durfte.[22] Diese sehr begehrten Hafenrechte wurden jährlich im Weinhaus versteigert.[23]

Zur Überwachung der rechtmäßigen Auslieferung von Getreide und Brenntorf an die Bewohner wurden von der Stadt entsprechend beauftragte Korn- und Torfmesser bestellt, die die Menge der Ware feststellen.[24][25] Für die unmittelbare Abfertigung des Warenumschlags sorgten Sielfuhrleute, Schauerleute (Hafenarbeiter), Zähler und Anschreiber. Letztere hielten die von den Messern festgestellten Mengen akribisch schriftlich fest.[25] Daneben gab es noch die Bakenstecher, die für die Schiffbarkeit der Fahrrinnen zuständig war.[26] Vorgesetzter aller am Hafen arbeitenden bzw. tätigen Personen war der sogenannte Kajemeister, der zugleich auch für die Sicherheit, insbesondere im Bereich des Brandschutzes, zu sorgen hatte.[27]

Der Norder Hafen um die Jahrhundertwende.

Nach der Petriflut im Jahre 1651 musste die Kajung erneuert werden, da zum einen die Flut selbst große Schäden angerichtet hatte und sich zwischenzeitlich Holzwürmer am Holzwerk zu schaffen gemacht hatten.[16][28] Die Norder Seeflotte muss seinerzeit eine beachtliche Größe gehabt haben. Der wichtigste Handelspartner waren weiterhin die Niederlande. Dies blieb auch in der Folgezeit so. Auch der Umstand, dass Ostfriesland nach dem Tod von Graf Carl Edzard 1744 an Preußen fiel, schien dem Seehandel keine Nachteile verschafft zu haben. Enge Beziehungen wurden seinerzeit auch mit der Hansestadt Bremen unterhalten, allein 1772 bis 1790 sollen pro Jahr rund 50 Norder Handelsschiffe nach Bremen ausgelaufen sein.[29]

Einen erneuten Zuwachs erlangte die Norder Handelsflotte während des bald folgenden US-amerikanischen Unabhängigkeitskrieges (1776-1783). Zahlreiche niederländische Kaufleute beantragten für Norden das Bürgerrecht, um ihre Waren so unter neutraler Flagge in alle Welt zu verschiffen. Allein vom 30. März bis 10. Juli 1795 erlangten 111 niederländische Schiffer das Norder Bürgerrecht.[30][31] In dieser Zeit, nämlich 1787 wurden die sogenannten Beurtfahrten (sprich: Börtfahrten) in die Niederlanden dann auch vertraglich festgehalten. Diese Fahrten kann man sich als regelmäßiger Pendelverkehr zwischen den Niederlanden und Norden vorstellen, bei denen in der Regel die immer wiederkehrenden Artikel des täglichen Bedarfs transportiert wurden.[32]

Einhergehend mit der Gründung der Norder Fehngesellschaft im Jahr 1794 entstand der Berumerfehnkanal, der von Norderfehn (heute Berumerfehn) bis in den Hafen führte. So wurde der Hafen fortan auch von Torfkähnen angesteuert und stellte die Versorgung der Stadt mit dem damals wichtigsten Brennmaterial sicher, das bis dahin umständlich und kostenintensiv aus den Niederlanden und dem Saterland beschafft werden musste. Überschüssiger Torf wurde exportiert.[29]

Auf dem Deich entlang des heutigen Straßenzugs Am Norder Tief wurden in späterer Zeit Bahnschienen zum Transport von Waren erbaut. Vermutlich führten diese Schienen bis zur auf dem Zuckerpolder gelegenen Ziegelei. Auch wurde an diesem Deich die überregional bekannte Schiffswerft Herlyn gegründet. Im alten Werftgebäude befindet sich heute der Norder Ruderclub. An die alten Deichlinien erinnert heute noch der Name (der) Deichmühle. Auch die Raiffeisenstraße hieß noch bis etwa Mitte des 20. Jahrhunderts Deichweg, da sie hier entlang des sogenannten Moordeichs verlief.

Nach Norden hin reichte der Deich bis an das südliche Ende der Sielstraße, wo sich der Wendehammer und die alte Gaststätte Kehre wieder befinden. Von dort, etwa wo seit den 1970er Jahren der Burggraben verläuft, befand sich ein kleiner Damm entlang des dortigen Großen Siels, dessen Überreste sich entlang der Neuen Mühlenbrücke befinden. Die für das Siel notwendigen Tore wurden im benachbarten Dörenhuus eingelagert. Später wurde dieses Gebäude als Obdachlosenunterkunft genutzt und erst nach 1933 zur Hafenmeisterdienstwohnung umgebaut. Auf der anderen Seite des Ufers, auf dem sogenannten Eilandje, befand sich die Sägemühle der Holzhandlung Frericks.[33]

Ansicht aus der Zeit um 1920.

1806 kaperten die Engländer und die Franzosen einen Großteil der Norder Handelsflotte, was der Wirtschaft einen schweren Schlag verpasste.[34] Im gleichen Jahr fiel Ostfriesland nach dem Sieg Napoleons über die Preußen unter französische Herrschaft, die bis 1815 andauerte. Auch die von Napoleon über England verhängte Kontinentalsperre ab 1810 versetzte dem Norder Seehandel einen schweren Schlag.[35] Zur Kontrolle und der Verhinderung von Schmuggel wurden mehrere Wachthäuser errichtet. Es entstanden ein Zollhaus in Westermarsch sowie ein Zollhaus in Utlandshörn, die beide den einfahrenden Schiffsverkehr. Während das erste vor allem den Seeweg entlang des Norder Tiefs überwachen sollte, hatte das andere in erster Linie den Westermarscher Seedeich zu überwachen. Doch da die Ostfriesen das Watt und ihr Land besser als die Franzosen kannte, war es für sie trotzdem möglich, erfolgreich Schmuggel zu betreiben. In die andere Richtung des Norder Tiefs wurde der Schiffsverkehr durch das Kleine Zollhaus an der Brückstraße kontrolliert.[36]

Spätestens ab der Mitte des 19. Jahrhunderts verfügte der Norder Hafen über gute Schiffsanbindungen von und nach England, was vermutlich auf die verwandtschaftlichen Beziehungen zum Königreich Hannover, zu dem Ostfriesland seinerzeit gehörte, zurückzuführen ist. Dieser Umstand begünstigte die Gründung der Norder Eisenhütte durch den westfälischen Kaufmann Julius Meyer. England war seinerzeit eine internationale Eisen- und Stahlhochburg.[37] 1857 wurde das, natürlich erst später so genannte, Alte Zollhaus errichtet. Es zeugt mit seinem außergewöhnlichen Detailreichtum vom einstigen Wohlstand der Stadt. Im Zollhaus entstanden, wie früher allgemein üblich, auch Möglichkeiten zur Beherbergung und Bewirtung der Seefahrer und Reisenden.

Niedergang

Bis weit in das 19. Jahrhundert hatte der Hafen eine herausragende Bedeutung für die wirtschaftliche Blüte der Stadt, noch 1817 liefen jährlich über 80 Schiffe ein und aus, 1862 sogar 559.[22] 1900 waren es nur 172.[38] 1911 liefen bereits wieder 278 Schiffe ein und 279 aus.[11] Durch zunehmende Verlandung des Norder Tiefs infolge natürlicher Verschlickung sowie zahlreicher Eindeichungen rund um die Leybucht entwickelte sich der Norder Hafen im 20. Jahrhundert jedoch schließlich zu einem Binnenhafen ohne direkten Zugang zum Meer. Der Niedergang vollzog sich langsam, war aber schon früh abzusehen. Bereits 1840 waren nur noch 12 seetüchtige Segelschiffe in Norden beheimatet. Nachfolgend wurden diese durch Dampfschiffe verdrängt. Die alte Kajung wurde letztmalig 1894 ausgebessert und 1933 bis 1934 durch die Anlage einer Eisenspundwand erneuert. Zugleich wurde die Wand tiefergelegt als die alte Hafenmauer, da der Hafen nun nicht mehr den unregulierten Fluten der Nordsee ausgesetzt war.[39] Dass der Norder Hafen wegen der Verschlickung nicht mehr zu retten war, erkannte auch die königliche Regierung in Hannover, an die sich die Stadt Anfang 1897 mit der Bitte um finanzielle Unterstützung beim Ausbaggern des Tiefs gewandt hatte. Vielmehr legte man der Stadt nahe, den Hafenbetrieb nach Norddeich zu verlegen.[40]

Mit dem Bau des Leybuchtsiels im Jahr 1929 verlor der Hafen endgültig seine Bedeutung als Seehafen, da der Zugang zum Meer nun durch diese Schleuse unmittelbar eingeschränkt war und diese nur von kleinen Schiffen passiert werden kann. Auch das Zollhaus verlor seine Bedeutung als solches und wurde bis zu ihrer Restaurierung um die Jahrtausendwende dem Verfall überlassen. Die letzte Flut lief am 25. Juli 1929 im Norder Hafen ein, das letzte größere Schiff, der Dreimastschoner Antje verließ den Norder Hafen im Jahre 1932.[38][41] Im selben Jahr wurde das sogenannte Zweite Siel abgerissen.[42] Nur noch der steinerne Oberbau blieb erhalten.

Während des Zweiten Weltkriegs kamen in den Jahren 1942 und 1943 mehrere Schiffsladungen mit größtenteils wertvollen Ladungen aus den Niederlanden im Hafen an. Ihre einstigen Besitzer wurden von den Nationalsozialisten in Vernichtungslager deportiert, ihre Habseligkeiten geplündert. Die Ladung wurde von größtenteils russischen Kriegsgefangenen gelöscht und in dem Parteilokal der Norder NSDAP, dem Gasthof Zur Börse gelagert. Die Partei versprach, die Gegenstände für ausgebombte Emder Familien aufzuwenden, doch einige besonders hochwertige Antikmöbel verschwanden im Sumpf der Bürokratie des nationalsozialistisch dominierten Landratsamtes.[43]

Noch über 30 Jahre nach dem Bau des Leybuchtsiels hatte der Hafen noch einige Bedeutung als Binnenhafen, vor allem durch den von der Norder Fehngesellschaft eingeführten Torf. Seit den 1960er Jahren fahren nur noch kleine Schiffe den Hafen gewerblich an, ehe auch dies 1962 ein Ende fand, nachdem das Schöpfwerk am Leybuchtsiel in Betrieb genommen wurde und die Fehngesellschaft ihren Betrieb einstellte.[41]

Gegenwart

Mit der Eingemeindung von Norddeich, damals noch Teil der selbstständigen Landgemeinde Lintelermarsch, gelangte Norden wieder in den Besitz eines Seehafens. Bis heute ist der Hafen von Norddeich der einzige Seehafen der Stadt und als solcher einer der größten Personenhäfen Deutschlands sowie der größte in Niedersachsen. Der alte Norder Hafen verkümmerte weiter, bis er schließlich von Spätherbst 1994 bis Sommer 1995 einer Erneuerung unterzogen wurde. Im Juli des Jahres weihte Bürgermeister Fritz Fuchs den neuen Hafen ein. Die Kosten der Baumaßnahmen beliefen sich auf 1,5 Millionen DM.

Im Herbst 2008 wurde eine neue Steganlage eingerichtet, in 2009 folgte die Reparatur des alten Signalmastes, an dem seitdem wieder die alte Norder Hafenflagge weht. Heute legen nur noch kleine Schiffe und Boote am Hafen an, die vorwiegend der Freizeitaktivität, vereinzelt aber auch für Rundfahrten genutzt werden.

Galerie

Literatur

  • Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich

Einzelnachweise

  1. Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 36
  2. Pühl, Eberhard (2007): Flurnamenforschung. Alte Backsteinhäuser in Ostfriesland und im Jeverland, Oldenburg, S. 37
  3. Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 37f.
  4. Sanders, Adolf (1988): Unsere Stadt hinterm Deich, Norden, S. 17
  5. Digitalisierter Vertrag zwischen dem Norderland und Bremen, abgerufen am 30. März 2021
  6. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 33
  7. Pühl, Eberhard (2007): Flurnamenforschung. Alte Backsteinhäuser in Ostfriesland und im Jeverland, Oldenburg, S. 37
  8. Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 32f.
  9. Rack, Eberhard (1967): Besiedlung und Siedlung des Altkreises Norden, Münster, S. 44
  10. Haddinga, Johann / Stromann, Martin (2000): Norden/Norddeich - Eine ostfriesische Küstenstadt stellt sich vor, Norden, S. 41
  11. 11,0 11,1 Brückner, Annemarie / Gerdes, Edo (1984): So war es damals. Bilder aus dem alten Norden, Leer, S. 16
  12. Haddinga, Johann / Stromann, Martin (2000): Norden/Norddeich - Eine ostfriesische Küstenstadt stellt sich vor, Norden, S. 41
  13. 13,0 13,1 Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 42
  14. Verein für hansische Geschichte (1910): Hansische Geschichtsblätter. Band XVI, Leipzig, S. 280
  15. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 55
  16. 16,0 16,1 Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 68
  17. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 48
  18. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 47f.
  19. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 49
  20. Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 61
  21. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 66
  22. 22,0 22,1 Canzler, Gerhard (1989): Handel und Wandel, Norden, S. 24
  23. Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 19
  24. Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 28
  25. 25,0 25,1 Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 144
  26. Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 96
  27. Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 143
  28. Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 85
  29. 29,0 29,1 Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 141
  30. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 78
  31. Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 138
  32. Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 142
  33. Sanders, Adolf (1999): Norden - wie es früher war, Gudensberg, S. 44
  34. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 81
  35. Canzler, Gerhard (1989): Handel und Wandel, Norden, S. 18
  36. Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 209
  37. WirtA NW WAN F 19
  38. 38,0 38,1 Canzler, Gerhard (1989): Handel und Wandel, Norden, S. 25
  39. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 88
  40. Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 273f.
  41. 41,0 41,1 Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 25
  42. Schreiber, Gretje (2011): Das Norder Hafengebiet und seine beiden Häfen im 16. Jahrhundert, Manuskript
  43. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 41

Siehe auch