Bargebur

Aus Norder Stadtgeschichte
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Bargebur

Wappen
Basisdaten
Höhe 1,8 m ü. NN
Fläche 0,648 km²
Einwohner 468 (31.12.2022)
Gründung vor 1433
Eingemeindung 1. Juli 1972
Bevölkerungsdichte 682 Einwohner/km²

Bargebur ist ein Stadtteil von Norden und hat 468 Einwohner (Stand: 31. Dezember 2022), die sich auf einer Fläche von rund 0,65 km² verteilen. Der bis zum 30. Juni 1972 zur Gemeinde Lütetsburg gehörende Ort ist nur etwas größer als das etwa doppelt soviele Einwohner fassende Tidofeld.

Namensherkunft

Wenngleich die heute geläufige Schreibweise Bargebur sich unmittelbar aus dem Friesischen und sinngemäß als Schweinebauer übersetzen lässt, ist aufgrund älterer Schreibweise nicht eindeutig zu klären, ob sich der Name tatsächlich von hier siedelnden Schweinebauern ableiten lässt.

Für das Jahr 1436 ist eine Erwähnung des Ortes als to Berghum belegt. Spätere Bezeichnungen waren to Bergen in Norderlande (1445), inn Bargerburhen (1553), Bergerbur (1599) und Bargerbuhr (1787). Daher könnten sich auch andere Deutungen ergeben. Bei Barge könnte es sich um eine Herleitung des Plurals von Berge handeln, da sich der Ort am Hang der sich nach Osten erhebende Geest befindet. Alternativ ist eine Herleitung von einem nicht belegten altfriesischen Substantiv Berg für Bergung bzw. Schutz. Das Grundwort Bur für Bauerschaft wurde wahrscheinlich erst später angehängt.

In Simonswolde (Gemeinde Ihlow) werden künstliche Erhöhungen als Bargen bezeichnet.[1] Auch die historische Wegebeschreibung to Bergen in Norderlande spricht dafür, ebenso die historische Alternativbezeichnung Westekelbur, also für eine westlich von Ekel befindliche Bauerschaft. Allerdings liegt Bargebur eher südlich von Ekel, weshalb Unklarheiten bestehen bleiben.

Wappen

Bargebur und Tidofeld sind die einzigen Stadtteile, die bis heute keine eigenen Wappen führen. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass sie, anders als die restlichen Stadtteile, niemals eigenständige Gemeinden waren, sondern beide ursprünglich zur (wappenführenden) Gemeinde Lütetsburg gehörten und erst recht spät (1972 und 1952) in die Stadt Norden eingemeindet wurden.

Bevölkerungsentwicklung

Jahr Einwohner
1848 82 *
2008 518
2010 501
2016 493
2020 442
2021 449
2022 468

* in 13 Häusern

Geografie

Bargebur wurde auf einem etwa 1,8 m über Meeresniveau (NN) liegenden Geestrücken gegründet und liegt damit wie die Norder Innenstadt weit genug über dem Meeresspiegel, um aus historischer Betrachtung einigermaßen vor Überflutungen geschützt zu sein. Der Ort ist von unterschiedlichen Bodenarten umgeben: Im Osten, Süden und Nordwesten findet sich Plaggenesch (unterlagert von Podsol-Gley) an. Im Norden und Südwesten tangiert Kleimarsch den Ort und im Westen ist Podsol-Grund zu finden.

Nördlich grenzt Bargebur an Norden, im Osten an Tidofeld sowie im Westen an Süderneuland II. Im Süden liegt die Nachbargemeinde Lütetsburg, zu der Bargebur noch bis zum 30. Juni 1972 gehörte.

Geschichte

Frühgeschichte

Naturgemäß sind über die Frühgeschichte keine schriftlichen Überlieferungen vorhanden, doch zeugen archäologische Funde davon, dass das hier schon vor gut 4.000 Jahren Menschen gesiedelt haben.[2]

Mittelalter

Sehr wahrscheinlich war der Ort auch noch besiedelt, als die Zweite Marcellusflut und die Erste Dionysiusflut in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts über das Land kamen. Die reißenden Fluten bahnten dem Norder Tief seinen Weg, das ursprünglich weiter nördlich verlief und Leide genannt wurde. Seit der Flut sind die Norder Geestinsel und Bargebur durch das Tief voneinander getrennt und erst seit 1986 wieder durch die Hexenkolkbrücke verbunden. Wie tief das Meer in das Land eindrang, ist noch heute gut an den Kolken nahe der heutigen Umgehungsstraße bei Lütetsburg unweit der Grenze nach Norden zu erkennen.

Eine erstmalige Erwähnung findet der Ort im Jahr 1433, als es zwischen den Häuptlingen Focko Ukena und Ulrich Cirksena zu der sogenannten Schlacht von Bargebur als Entscheidungsschlacht der Ostfriesischen Freiheitskämpfe kam. Ein Bündnis mehrerer ostfriesischer Häuptlinge unter Führung von Ulrich Cirksena besiegte den bis dahin in Ostfriesland vorherrschenden Focko Ukena und seine Gefolgsleute. Ulrichs Sieg hatte entscheidenden Einfluss auf seine Machtausbreitung und dem Aufstieg seines Geschlechts, da mit dem Tode des kinderlosen Sohnes von Focko, Udo Focken, auch die letzten Chancen auf einen Nachkommen des Erbes der Idzinga erlosch. Ukena selbst konnte entkommen und starb später im niederländischen Exil. Zu dieser Zeit gehörte Tidofeld noch unmittelbar zu Bargebur und damit zu(r) Lütetsburg, dessen Herren ursprünglich die Manninga waren, seit 1588 dann jedoch durch Erbschaft die ursprünglich aus der Nähe von Wilhelmshaven stammenden Grafen von Innhausen und Knyphausen.

Die Ölmühle in Blickrichtung Tidofeld. Rechts die Westerroggenmühle und die Bargeburer Mühle. Im Hintergrund links die Bargeburer Kirche und dahinter der Turm des Lütetsburger Schlosses.

Für das Jahr 1436 ist eine Erwähnung des Ortes als to Berghum belegt. Spätere Bezeichnungen waren to Bergen in Norderlande (1445), inn Bargerburhen (1553), Bergerbur (1599) und Bargerbuhr (1787). Die heutige Schreibweise ist schließlich seit 1871 belegt. Weitere, historische Namen sind Westekelbur und Bergum. Die genaue Entstehungsgeschichte des Ortes lässt sich indes nicht mit eindeutiger Gewissheit bestimmen. Vermutlich siedelten sich hier, ähnlich wie bei der Sandbauerschaft mehrere Bauern an, um von den örtlichen Gegebenheiten zu profitieren. Der Ort liegt mit 1,8 Meter über Normalnull relativ weit über dem Meeresspiegel und war daher prinzipiell weitestgehend vor Sturmfluten geschützt. Zudem lag der Ort relativ zentral zwischen der prosperierenden Stadt Norden und dem seit dem 13. Jahrhundert befestigten Sitz der mächtigen Manninga in Lütetsburg (später Innhausen und Knyphausen). Ferner verlief ein alter Heerweg von Norden nach Esens durch den Ort, was sicherlich auch Handelsmöglichkeiten bot. Ebenfalls von Bedeutung war der Alte Postweg, der teilweise entlang dieses alten Heerwegs verlief, teilweise entlang der Deichlinie des sogenannten Udo-Focken-Deich von 1425 und hier eine wichtige Verbindung gen Süden bildete.

Einer der Hauptursachen für den Deichbau waren mehrere schwere Sturmfluten im 14. Jahrhundert, insbesondere die Zweite Marcellusflut und die Erste Dionysiusflut. Die Leybucht erreichte ihre größte Ausdehnung und Norden bekam dadurch erstmals einen Zugang zum offen Meer, der Norder Hafen entstand. Auch Bargebur wurde von den Fluten getroffen, diese reichten sogar bis nach Lütetsburg, wovon noch heute mehrere Kolke im Umfeld der heutigen Umgehungsstraße zeugen. Mit dem Bau des vorgenannten Deichs begann die Rückgewinnung des später so genannten Süderneulands. Von dem Deichbau profitierte letztlich auch Bargebur, das dadurch besser vor Sturmfluten geschützt war.

Neuzeit

Als das Schloss Lütetsburg, benannt nach Lütet Manninga, 1534 durch Erbteilung an die Herren von Innhausen und Knyphausen fiel, gelangte Bargebur in den Besitz des in Pewsum sesshaften Zweiges der Familie Manninga. Erst durch einen Vertrag, datiert auf den 5. Januar 1584 gehörte die Herrlichkeit Westekelbur in Bergum wieder zu Lütetsburg. In diesem Vertrag wurde auch die Gebietsgröße von 76 Diemat festgehalten, was etwa 50 Hektar entspricht.[3] Anhand der Bezeichnung Herrlichkeit wird ersichtlich, dass der Lütetsburger Landesherr in dieser Zeit volle Befehlsgewalt über das Land und die hier siedelnden Menschen hatten. Hierzu zählte auch die Verhängung der Todesstrafe, weshalb vermutet wird, dass der Galgenberg und der Hexenkolk ihren Ursprung als Richtstätte in dieser Zeit haben.[3][4]

Das Geburtshaus des Focko Rose an der Heerstraße.

1612 vergrößerte sich der Besitz weiter. Seit 1581 gehörten große Teile Bargeburs dem wenig angesehenen Albrecht Schwinge, Spross einer wohlhabenden Familie. Dieser gelangte im genannten Jahr durch Erbteilung aus dem Nachlass des Siptet Remtsna zu Siegelsum in den Besitz eines großen Guts - vermutlich dem später so genannten Tidofelder Burgen- und Schlickplaats - sowie Ländereien in Bargebur. Da Schwinge trotz seines Reichtums umfangreiche Schulden anhäufte, musste er diese verkaufen. Neue Eigentümer wurden die Herren von Lütetsburg, die das Land gemäß Kaufvertrag vom 12. April 1612 erwarben.[5]

So kam es, dass Tido II. von Innhausen und Knyphausen 1614 auf dem (ehemaligen) Schwinge'schen Land ein prächtiges Schloss erbaute, welches er nach sich selbst (Schloss) Tidofeld nannte. Seit dem Bau des Schlosses dürften die hiesigen Bauern also vor allem für den Schlossherren und sein Gefolge gearbeitet bzw. diesem unterstanden haben. Das Schloss fiel nach einer Familienfehde im Jahre 1669 wüst, ob dies eine demografische Änderung für Bargebur mit sich brachte, ist ungewiss.

Die Spedition Schlüter im Jahre 1959. Heute befindet sich hier ein Netto-Markt.

Überregionale Beachtung fand das beschauliche Bargebur erst wegen einer der zahllosen Glaubenskonflikte im ausgehenden Mittelalter. Nachdem die Reformation ab 1527 auch Einzug in Norden hielt, beabsichtigte die stetig wachsende evangelisch-reformierte Gemeinde, eine Kirche innerhalb der Stadtgrenzen von Norden zu errichten. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch bereits von Anfang an am Widerstand der Norder Bürger, unter denen sich evangelisch-lutherische Ausrichtung durchgesetzt hatte. Die calvinistischen bzw. reformierten Christen mussten ihre Gottesdienste außerhalb der Stadtgrenzen abhalten. Spätestens ab 1559 stellten ihnen die Herren von Lütetsburg dafür ihre Kapelle zur Verfügung, erstmals Unico Manninga.

Ab 1677 gestattete Dodo II. zu Innhausen und Knyphausen, mittlerweile Graf von Lütetsburg, den Reformierten, ihre Gottesdienste in Bargebur abzuhalten. Dafür stellte er ihnen den sogenannten Olyschlag zur Verfügung. Der Graf gestattete den reformierten Christen schließlich 1680, ein Gotteshaus auf seiner Grundherrschaft zu errichten; der Baubeginn der Bargeburer Kirche den 12. Juli 1680 datiert. Das hier notwendige Land schenkte der Graf der Gemeinde bereits 1679. Die Norder Lutheraner sahen hierin eine Verletzung ihrer Privilegien und einen Affront gegenüber der von ihnen als einzig richtig erachteten Glaubensrichtung. Sie versuchten, den Bau der Kirche durch Sabotageaktionen und Überfälle zu verhindern, was ihnen zunächst auch gelang. Dodo II. stand jedoch zu jener Zeit als Hofkammerpräsident (eine Art Finanzminister) im Dienste von Friedrich Wilhelm, dem Großen Kurfürsten von Brandenburg und Herzog von Preußen, dessen Truppen seinerzeit Greetsiel besetzt hielten. Auf Bitten von Dodo II. verlegte der Kurfürst 1684 einen Teil seiner Truppen nach Bargebur, um den Bau zu schützen, sodass die Kirche schließlich im selben Jahr - innerhalb von nur vier Monaten - fertiggestellt werden konnte.

In den nächsten Jahrhunderten fristete der Ort ein Schattendasein und trat kaum geschichtlich in Erscheinung. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg war der Ort, wie auch der Rest des heutigen Stadtgebiets, äußerst spärlich besiedelt. Durch den großen Zustrom von Flüchtlingen und Vertriebenen in der frühen Nachkriegszeit wuchs die Bevölkerung zwar an, doch erreichte nie mehr als eine untere bis mittlere dreistellige Zahl. Da der Ort nach und nach immer weiter mit der Stadt und dem bereits seit 1952 ebenfalls zu Norden gehörenden Tidofeld zusammenwuchs, fiel Bargebur im Zuge der niedersächsischen Gebietsreform zum 1. Juli 1972 an Norden. Lütetsburg selbst gehört seitdem zur Samtgemeinde Hage.

Im Zuge der Eingemeindung erhielt der Ort dann auch eine reguläre Hausnummerierung. Bis dahin hatten die Häuser lediglich Nummerierungen, die Adresse wurde aus dem Ortsnamen und dieser Hausnummer gebildet (zum Beispiel Bargebur 91). In der Mitte der 1950er Jahre entstand das Baugebiet im Umfeld der Bergumer Straße. Einen weiteren, bedeutenden Zuwachs verzeichnete der Ort, als 1995 nördlich der Heerstraße ein weiteres, wesentlich größeres Neubaugebiet entstand, das ebenfalls eng mit Tidofeld verwuchs. Seitdem hat es keine wesentlichen Bauprojekte mehr gegeben.

Mit dem Bau des neuen Schöpfwerks am Leybuchtsiel im Jahre 1962 verbesserte sich die Entwässerung in Bargebur deutlich. Der Ort stand bis dahin regelmäßig bei größeren Regenfällen unter Wasser.

Erwähnenswerte Gebäude

Erhaltene Gebäude

Abgebrochene Gebäude

Einzelnachweise

  1. Beschreibung der Bargen in Simonswolde, abgerufen am 27. September 2021
  2. Sanders, Adolf (1988): Unsere Stadt hinterm Deich, Norden, S. 40
  3. 3,0 3,1 Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 133
  4. Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 134
  5. Schreiber, Gretje (2020): Die Bewohner des Bürgerhauses in Norden. Haus der Bürgerstiftung Norden, Norden, S. 35

Quellenverzeichnis

Siehe auch