Neustadt
Neustadt | |
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Basisdaten | |
Administrativer Stadtteil | Norden |
Ungefähre Lage | nördlich des Stadtgebiets |
Neustadt (auch: Norden-Neustadt) ist ein Stadtviertel von Norden und Bestandteil der Kernstadt bzw. des Stadtteils Norden. Es liegt zwischen Norddeich im Norden, der Kernstadt sowie Westlintel im Süden und Ostlintel im Osten, Neustadt praktisch ausschließlich auf ehemaligem Linteler Gebiet liegt.
Geschichte
Der Grundstein für Neustadt wurde 1950 gelegt, als die ersten 15 Häuser an der heutigen Nordseestraße, die damals noch Am Armenplatzweg hieß, erbaut wurden. Die deutsche Niederlage im Zweiten Weltkrieg führte dazu, dass Deutschland seine gesamten Gebiete östlich der Oder und Neiße an Polen und die Sowjetunion und Polen abtreten musste und die dort lebenden Deutschen aus ihrer Heimat vertrieben wurden.
Da die deutschen Großstädte in Schutt und Asche lagen, zog es viele Vertriebene auf das Land; für zehntausende von ihnen bot Ostfriesland eine neue Heimat. Bis auf Emden, das beinahe vollständig ausgebombt wurde, hatte Ostfriesland den Krieg vergleichsweise unbeschadet überstanden und die hier vorherrschende Landwirtschaft bot Aussicht auf ausreichend Nahrung und ein Auskommen als Landarbeiter. Zudem war es relativ dünn besiedelt und hatte daher - zumindest in der Theorie - ausreichend Platz für die Vertriebenen. Durch den Zustrom der Vertriebenen herrschte schon bald große Wohnungsnot in Norden und Umgebung. Die Vertriebenen wurden in Barackenlagern, wie dem Vertriebenenlager Tidofeld einquartiert oder - oftmals gegen den Willen der Bewohner - zwangsweise in Privathäusern und Bauernhöfen einquartiert. Teilweise lebten sie auch in anderweitigen provisorischen Behausungen, wie Geräteschuppen.
Vor allem aus Mitteln des Marshallplans und des Bundes begannen die Stadtplaner schon bald damit, ein neues Stadtviertel mit weitestgehend eigener Infrastruktur zu errichten, das den passenden Namen Neustadt tragen sollte. Die Straßen wurden entsprechend der Herkunft ihrer neuen Bewohner, die zum Großteil aus Vertriebenen bestand, nach vormals deutschen und heute in Polen und Russland liegenden Städte wie Königsberg, Danzig oder Breslau benannt. Weitere Straßen erhielten ihren Namen von Städten in der Sowjetischen Besatzungszone bzw. der DDR, aus deren Gebieten ebenfalls viele Flüchtlinge nach Ostfriesland kamen, so etwa Leipzig oder Erfurt. Die meisten Straßen entstammen aus der Gründungszeit des Viertels. Nach der Jahrtausendwende wurde Neustadt um einige Straßen, wie die Dresdener Straße und die Naumburger Straße erweitert.
Schnell entwickelte sich ein eigenes, weitgehend autarkes Stadtviertel mit eigenem kulturellen und bürgerlichen Leben. Die Bewohner gründeten den Sportverein Concordia Norden-Neustadt, eine eigene Interessengemeinschaft sowie mehrere Einzelhandelsgeschäfte und Gewerbebetriebe. In der Blütezeit von Neustadt hatte es sieben Lebensmittelgeschäfte (zum Beispiel EDEKA Bruns im Winkel der Leipziger und der Nordseestraße), eine Bäckerei, einen Gemüsehandel, zwei Milchgeschäfte, ein Elektrofachgeschäft, eine Buch- und Schreibwarenhandlung und eine Kohlehandlung, die sich im heutigen Mühlenpark befand, gegeben. In der Nordseestraße gab es sogar ein Postamt. Später kam auch eine Schlachterei am Ernst-Reuter-Platz hinzu (Schlachterei Wengler). Als Zentrum von Neustadt kann der Bereich um den Ernst-Reuter-Platz angesehen werden, an dem sich der Großteil des täglichen Gemeinlebens konzentrierte und um den herum eine Vielzahl der vorgenannten Geschäfte lag. Noch heute von Bedeutung ist auch das Möbelhaus Pflüger, dessen Hauptgeschäft im westlichen Teil der Gewerbestraße liegt und das über eine eigene Tischlerei in der Königsberger Straße, Ecke Memeler Straße, verfügt.
Historisch betrachtet war das heutige Neustadt eher dünn besiedelt und Norden und Norddeich deutlicher voneinander getrennt. Nur vereinzelt befanden sich Gebäude in diesem Bereich, das historisch zu Ostlintel und Westlintel und damit zur ehemaligen Gemeinde Sandbauerschaft gehörte. Ein erwähnenswertes, historisches Gebäude ist das Korndeichshaus, welches am Ende der heutigen Chemnitzer Straße lag. Auch der Tollboom, eine Zollstelle, an der aus Norddeich nach Norden eingeführte Waren vor ihrem Weitertransport in die Stadt verzollt werden mussten, befand sich in der heutigen Neustadt. Als einziges Gebäude aus der Zeit vor Neustadt ist nur noch die Silbermühle (Alte Mühle) am hiernach benannten Mühlenpark erhalten geblieben.
Neben seiner Eigenschaft als Wohngebiet hat Neustadt vor allem einen wichtigen Anteil an der Versorgung der Norder Bürger mit Artikel des täglichen Bedarfs durch zahlreiche Gewerbe- und Verbrauchermarktansiedlungen an der Gewerbestraße sowie als Bildungsort im Schulzentrum Wildbahn.
Geografie
Neustadt befindet sich im Norden bzw. Nordwesten von Norden, welches im Süden ab der Parkstraße angrenzt. Im Norden befindet sich die Grenze an der Ostermarscher Straße. Östlich von Neustadt liegt Ostlintel. Hier kann die heutige Bahnstrecke nach Norddeich als Grenze herangezogen werden. Die westliche Grenze stellt der Lehmweg dar.
Erwähnenswerte Gebäude
Die meisten Gebäude in Neustadt sind Einfamilienhäuser und Doppelhaushälften. Es finden sich jedoch auch einige Mehrfamilienhäuser bzw. Wohnblocks, die sich vor allem auf die Königsberger Straße (um den Ernst-Reuter-Platz) und die Weimarer Straße, Ecke Leipziger Straße konzentrieren. Eine Vielzahl der Norder Einzelhandelsgeschäfte und mehrere Gewerbebetriebe liegen in Neustadt, vor allem im Bereich der Gewerbestraße.
Im westlichen Teil von Neustadt befindet sich seit Mitte der 1970er Jahre der größte Schulkomplex in Norden, das Schulzentrum Wildbahn. Das einzige erhalten, historische Gebäude ist die Alte Mühle im Mühlenpark.
Quellenverzeichnis
- Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden
- Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden