Silbermühle

Aus Norder Stadtgeschichte
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Silbermühle

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Basisdaten
Entstehungszeit 1894 (1879)
Erbauer Hinrich Arians Scheepker
Bauweise Galerieholländer
Erhaltungszustand 2023 abgebrochen
Genaue Lage Norddeicher Straße 80

26506 Norden

Die Silbermühle (auch: Scheepkers Mühle, Alte Mühle, Norddeicher Mühle) war eine 1894 errichtete Mühle an der Norddeicher Straße 80, unmittelbar im hiernach benannten Mühlenpark von Neustadt. Durch völlig unzureichende Instandhaltung seitens der letzten Eigentümer verfiel das schützenswerte Bauwerk bis zur Abbruchreife. Im April 2022 wurde bekannt, dass der Besitzer, eine Berliner Investorengruppe, die Mühle zugunsten von Parkflächen abreißen will. Mitte Mai konnte das Bauvorhaben wegen brütender Vögel vorläufig gestoppt werden. Ende Januar/Anfang Februar 2023 folgte dann der Abriss.

Geschichte

Am Standort der späteren Windmühle existierte bereits 1879 eine Windmühle, die laut Katasterauszug von 1881 jedoch etwas weiter westlich gelegen war.[1][2] Der damalige Besitzer war der Müller Tjade Tönjes Tjaden. 1884 wurde die Mühle von Hinrich Arians Scheepker aus Großheide erworben und brannte einige Jahre später nieder. Der Müllergeselle stürzte von einer Treppe, brach sich das Genick und die brennende Öllampe in seiner Hand ging zu Bruch. Bis 1894 wurde die Mühle neu aufgebaut.[3] Aufgrund ihres silbernen Oberbaus taufte sie der Volksmund schon bald auf den Namen Silbermühle.

1909 wurde im benachbarten Bauernhaus eine Backstube eingerichtet. Die Familie betrieb neben dem Müllerbetrieb auch Landwirtschaft, ihre Felder erstreckten sich über den Escher bis hin zur heutigen Ostermarscher Straße.[3]

Da Scheepker einige Zeit später am sogenannten Bäckerasthma (durch Mehlstaub hervorgerufene Staubkrankheit) erkrankte, übergab er die Mühle 1920 an seinen Sohn Ubbo J. Scheepker, der sie 1930 um eine Kohlen- bzw. Brennstoffhandlung erweiterte und sich mit seinem Namen im Mauerwerk verewigte (U. J. Scheepker - 1894). Die Jahresangabe bezieht sich dabei ausschließlich auf das Baujahr, da U. J. Scheepker zu dieser Zeit noch gar nicht geboren war.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde auf dem östlichen Gelände ein Schutzbunker errichtet, der erst in den 1970er Jahren wegen des Ausbaus des Fischerspfades abgerissen wurde.[3]

Nach dem Krieg wurden bis in die 1960er Jahre Schuppen für Kohle und Automobile gebaut. Der eigentliche Mühlenbetrieb wurde seit den 1950er Jahren von dem angestellten Müllermeister Wilhelm Schüler weitergeführt. Seit 1956 bot man schließlich auch einen Parkservice für Inseltouristen an. Hierbei wurden die Fahrzeuge in Norddeich angenommen und auf dem Betriebsgelände untergestellt. Im September 1956 kam Hinrich Rühaak als ausgebildeter Kaufmann in den Betrieb und übernahm 1961 dessen Geschäftsführung. 1967 wurde ein Antrag für eine freie Tankstelle an der Norddeicher Straße bei der Stadt gestellt, jedoch abgelehnt. Ebenfalls 1967 wurde die Windrose, die die Mühlenkappe in den Wind dreht, durch eine fehlende Sicherung vom Winde abgerissen.[3]

Der Mahlbetrieb wurde anschließend noch bis 1969 durch einen Dieselmotor weitergeführt, doch dann eingestellt. Ein Jahr später wurde die Mühle an die Eheleute Surburg verkauft, die sie zu einer Diskothek (Alte Mühle) umbauten. Später wurde im Erdgeschoss auch ein Restaurant eingerichtet.[3][4] Da der Kohlen- und Heizölverkauf stagnierte, wurde 1975 ein Gartencenter in den Betrieb der Familie Rühaak integriert. Die Mühle wies zwischenzeitlich deutliche Alterungserscheinungen auf, die wegen der hohen Kosten jedoch nicht durchgeführt wurden. Sowohl die Stadt Norden als auch der Landkreis Aurich verweigerten eine finanzielle Unterstützung. Auch die Denkmalschutzbehörde weigerte sich, das historische Bauwerk als Denkmal anzuerkennen, da es nicht mehr entsprechend seiner Bestimmung als Mühle genutzt werden würde.[5] Am 16. September 1982 wurde die baufällige Mühlenkappe schließlich abgebaut. Die Flügelwelle mit Oberkammrad steht heute noch auf dem Betriebsgelände der Firma Haas in der Gewerbestraße.[3]

Im Dezember 1987 stellte die Familie Rühaak den Geschäftsbetrieb aus gesundheitlichen Gründen ein. Zudem war der Pachtvertrag mit den Scheepker'schen Erben zwischenzeitlich abgelaufen. Nachfolgend versuchte ein Herr E. Gassan, den Betrieb aufrecht zu erhalten. Zum 1. Dezember 1993 wurde die Mühle mit dem gesamten Grundstück an die Firma Stahl- und Metallbau Eilers in Emden verkauft. Bereits im Folgejahr wurden die alten Gebäude, so etwa das ehemalige Müllerhaus, abgerissen und der Mühlenpark errichtet.[3]

Um 1999 wurde das gesamte Gelände an eine Berliner Investorenfirma verkauft.[3] Wohl auch wegen dieser späteren Nutzung erfuhr die Silbermühle nie eine aufwendige Sanierung, wie die anderen Norder Mühlen und stand seither leer. Die Einrichtung der Gaststätte im Obergeschoss blieb originalgetreu mit ihrem alten Charme erhalten. Gebäudeteile im Erdgeschoss wurden jedoch zu Lagerzwecken vom Dänischen Bettenlager (seit September 2021: JYSK) genutzt.

Bebauungsplan vom Februar 1944.

Am 25. Juli 2018 kam es zu einem Brand in der Mühle, der glücklicherweise frühzeitig durch einen beim Bettenlager arbeitenden Feuerwehrangehörigen entdeckt und gemeldet wurde. Durch rasches, beherztes Eingreifen der Norder Feuerwehr konnte das Feuer gelöscht werden, ehe es größeren Schaden anrichten konnte.[6]

Anfang April 2022 wurde bekannt, dass die Mühle der Schaffung weiterer Parkflächen weichen soll. Die bisherigen Eigentümer hatten seit der Schließung leider keine erkennbaren Anstrengungen unternommen, das schützenswerte Bauwerk zu erhalten, sodass die Bausubstanz durch Verwitterung, Vandalismus und den Brand zusehends litt.

Mitte Mai konnte durch das Engagement einiger Norder Bürger erreicht werden, dass das schützenswerte, ortsbildprägende Bauwerk vorläufig nicht abgerissen wird, da brütende Vögel gefunden wurden. Die Abbrucharbeiten waren zu dem Zeitpunkt bereits in vollem Gange. Ende Januar/Anfang Februar 2023 wurden die Arbeiten jedoch fortgesetzt und so ein weiteres Stück Norder Stadtgeschichte unwiederbringlich zerstört.

Trivia

Werbung von 1989.

In früheren Jahren trug die Mühle die Anschrift Hohenzollernstraße 32.[7]

Zeitzeugen berichten, dass minderjährige Besucher bei behördlichen bzw. polizeilichen Jugendschutzkontrollen in den obersten Mühlenbereich flüchteten, um sich einer Kontrolle zu entziehen. Dies war in der Regel auch erfolgreich, da die Kontrolleure offenbar nicht den beschwerlichen Weg auf sich nehmen wollten.

Maßgeblich am Niedergang der Diskothek Alte Mühle waren auch die Anleger beteiligt, die sich fortwährend gegen die damit einhergehenden Emissionen beschwerten und sogar Klagen führten. Als dann eine 5,50 Meter hohe Schallschutzwand gebaut werden sollte, wurde auch dieses Bauvorhaben beklagt.

Galerie

Allgemeine Fotos

Vor dem Abriss

Abrissarbeiten

Einzelnachweise

  1. Katasterauszug von 1881
  2. Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 253
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 3,6 3,7 Angaben des Nachkommen Hans-Günter Rühaak (E-Mail vom 17. April 2022)
  4. Sanders, Adolf (1999): Norden - wie es früher war, Gudensberg, S. 29
  5. Ostfriesischer Kurier vom 17. September 1982
  6. Einsatzbericht der Feuerwehr Norden vom 25. Juli 2018, abgerufen am 25. August 2021
  7. Lottmann, Elfriede (1998): Fast vergessen: Die Sandbauerschaft. In: Heim und Herd im Ostfriesischen Kurier (April 1998)

Siehe auch