Gaststätte Stürenburg
Gaststätte Stürenburg | |
---|---|
Basisdaten | |
Entstehungszeit | um 1570 |
Erbauer | unbekannt |
Bauweise | Ziegelsteinbau |
Erhaltungszustand | 1981 abgebrochen |
Genaue Lage | Dammstraße 1
26506 Norden |
Die Gaststätte Stürenburg (ehemals: Gasthof Lantzius; Ippens Gasthof, Gasthof Haak, Gasthof Fleeth, In den gulden Wagen, Johan Hindrichs in de Byhl; umgangssprachlich auch: Sielgasthof) gehörte zu den bekanntesten und beliebtesten gastronomischen Einrichtungen der Stadt und war insbesondere als Tanzgaststätte überregional bekannt. Sie befand sich in unmittelbarer Lage am Norder Tief und war Gründungslokal zahlreicher Norder Vereine, so etwa des Wassersportvereins, des Männer-Turn-Verein zu Norden und der Freien Turnerschaft von 1903.
Heute befinden sich am Standort der abgebrochenen Gaststätte ein Sonderpostenmarkt sowie ein großes Mehrparteienhaus.
Geschichte
Der Gasthof, der an seiner bekannten Stelle bereits 1570 und erneut 1638 als solcher erwähnt wird, entstand aus mehreren einzelnen Gebäuden, die im Laufe der Zeit miteinander verbunden wurden.[1][2] Er gehörte zu den beliebtesten und bekanntesten Gastwirtschaften der Stadt und war im Laufe der Jahrhunderte im Besitz verschiedener Familien, so etwa der Familie von Lengen.[2][3] Letztere waren womöglich auch die ersten Inhaber bzw. Erbauer des Gasthofs, denn in der Biographie des Hinrich Adolf von Lengen (1784-1829) wird beschrieben, dass der Gasthof bereits dessen Ururgroßvater Adolph Eberhard von Lengen gehört haben soll.[3] Zweifellos hatten die Gastwirte die hervorragende Lage an dem um 1570 entstanden Norder Hafen im Blick, als sie sich hier niederließen.
Viele Vereine und andere Institutionen tagten seit jeher im Gasthof - so etwa die Sielacht - oder wurden gar hier gegründet.[4] Bis ins 19. Jahrhundert war der Gasthof zudem das Stammlokal der Krämerzunft und pensionierter Kapitäne.[2] In der Regel wurden hier auch Torfgeschäfte abgeschlossen, was nicht verwunderlich ist, da der Name der früheren Wirtsfamilie Lantzius, untrennbar mit der den Torff abbauenden Norder Fehngesellschaft ist.[2][5] Manchmal fanden auch Versteigerungen statt, wobei diese in der Regel im Weinhaus abgehalten wurden.[2] Die Familie Lantzius war seit 1856 im Besitz des Gasthofs.[6]
1727, während des sogenannten Appell-Kriegs, wurde der Gasthof von einer Kanonenkugel getroffen und beschädigt. Diese wurde womöglich aus Richtung der Addinggaste abgeschossen worden sein und sollte wohl eigentlich eine Verteidigungsstellung treffen.[2]
Während des Ersten Weltkriegs befand sich im Gasthof eine sogenannte Suppenanstalt, in der Bedürftige eine Speisung bekamen.[7] In der Nacht eines Tages im Januar 1932 kam es zu einem Brand in der Gaststätte, der zufällig von einem heimkehrenden Musiker entdeckt wurde. Mit seinem Instrument weckte er die Bewohnern und Nachbarn, woraufhin die Feuerwehr alarmiert wurde. Das auf der Bühne entstandene Feuer konnte rasch gelöscht werden.[8]
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs schloss der Gasthof vorerst seine Pforten. Der große Saal wurde von den britisch-kanadischen Besatzungssoldaten für Freizeitaktivitäten beschlagnahmt, die Kegelbahn diente von Dezember 1945 bis März 1946 ehemaligen deutschen Soldaten, die zuletzt in den Niederlanden eingesetzt waren und in der Bäckerei ten Cate beim Brotbacken für das Vertriebenenlager Tidofeld halfen, als Unterkunft.[9]
Nach einem Silvesterball am 31. Dezember 1980 schloss die Gaststätte für immer ihre Pforten und wurde kurz darauf abgebrochen.[10] Viele Norder Generationen hatten hier das Tanzen gelernt. Auch diente die Gaststätte seit vielen Jahrzehnten als Ort der Jahreshauptversammlung der Feuerwehr Norden, die diese hier letztmalig am 22. Januar 1980 begehen konnte. Im letzten Jahr ihres Bestehens wurde die Gaststätte noch einmal Tatort eines Brandstifters, der seinerzeit etwa 25 Brände in der Stadt legte, unter anderem auch in Metas Musikschuppen.[11]
Die letzte Inhaberin Gisela Stürenburg zog nach der Schließung der Gastwirtschaft nach Norddeich und betrieb dort seitdem eine Pension. Ihre Vorgänger waren ab 1901 Otto Haak, danach Johannes Fleeth, ab 1919 Heinrich Stürenburg und von 1952 bis 1962 Poppe Stürenburg.[9] Wahrscheinlich noch vor Haak war der Gasthof im Besitz eines Gastwirts namens Ippen, denn auf alten Bilder findet sich die Aufschrift Ippens Gasthof.
Trivia
In der Zeit um 1812 hatte das Gebäude die alten Hausnummern 157 und 158.[12][6] Später - und noch zu Zeiten des Gasthofs - hatte das Gebäude dann die Anschrift Dammstraße 5, während die Nummer 1 damals noch die heutige Anschrift Neuer Weg 61 B war.[6]
Galerie
-
Der Bootsanleger (links) des Gasthofs. Mittig die Alte Mühlenbrücke (vermutlich vor 1890)
-
Blick aus Richtung der Deichmühle (vermutlich vor 1890).
-
Otto Haak's Gasthof auf einer Ansichtskarte aus der Zeit um 1900.
-
Bootsfahrer auf dem Galgentief vor dem Anleger der Gaststätte (um 1920).
-
Blick vom Norder Tief in der Zeit um 1970.
-
Blick vom Norder Tief in der Zeit um 1970.
-
Blick von der Dammstraße (um 1980)
-
Blick vom Norder Tief in der Zeit um 1980.
-
Kurz vor dem Abriss im Jahre 1981.
Einzelnachweise
- ↑ Brückner, Annemarie / Gerdes, Edo (1984): So war es damals. Bilder aus dem alten Norden, Leer, S. 27
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 159
- ↑ 3,0 3,1 Basse-Soltau, Ursula (2001): Biographie des Hinrich Adolf von Lengen, veröffentlicht bei der Ostfriesischen Landschaft
- ↑ Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 52
- ↑ Ramm, Heinz (1989): Popke Fegter (1874-1946). Sein Leben und sein Wirken im Norderland, Norden, S. 16
- ↑ 6,0 6,1 6,2 Schreiber, Gretje (1994): Die Bewohner der Brück- und Dammstraße
- ↑ Canzler, Gerhard (2002): Doornkaat. Eine Firmenchronik, Norden, S. 88
- ↑ Feuerwehr Norden (1986): 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr der Stadt Norden, Norden, S. 46
- ↑ 9,0 9,1 Ostfriesischer Kurier (1999): Von der Kaiserzeit bis zur Gegenwart (Sonderdruck), Norden, S. 65
- ↑ Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 82
- ↑ Freiwillige Feuerwehr Norden (1986): 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr der Stadt Norden, Norden, S. 16
- ↑ Cremer, Ufke (1938): Die Hausnummern Nordens im Jahre 1812, Norden, S. 1