Norder Turnverein

Aus Norder Stadtgeschichte
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Norder Turnverein von 1861 e.V.

Basisdaten
Gründung 20. April 1861 (offiziell)

14. Oktober 1882 (Neugründung)

Auflösung -
Rechtsform eingetragener Verein (e.V.)
Hauptsitz Am Alten Siel 5

26506 Norden

Der Norder Turnverein e.V. (offiziell: Norder Turnverein von 1861 e.V.; kurz: NTV; ursprünglich: Männer-Turn-Verein zu Norden, danach: Turnverein Norden) ist der älteste Turn- bzw. Sportverein der Stadt. Er bezeichnet sich daher selbst auch als "Wiege und Wegbereiter des Sports in unserer Region".

Der Verein hat seinen Hauptsitz seit 1894 in der Sporthalle Am Alten Siel, die einzelnen Sparten trainieren jedoch über das Stadtgebiet verteilt, vor allem beim Sportzentrum Wildbahn.

Geschichte

Möglicherweise gab es bereits zu Anfang des 19. Jahrhunderts einen Turnverein in Norden. Sicher ist jedoch, dass das erst 1807 durch Turnvater Friedrich Ludwig Jahn eingeführte Turnen in Deutschland Anfang 1820 verboten wurde, da die von ihm begründete Turnbewegung neben körperlicher Ertüchtigung auch einen deutschen Nationalstaat anstrebte und den Herrschern der unzähligen kleinen deutschen Staaten daher als staatsfeindlich galt. Erst nach der deutschen Revolution 1848 wurde dieses Verbot allumfassend aufgehoben, größtenteils jedoch auf öffentlichen Druck schon ab 1842.

Denkmal für die in beiden Weltkriegen gefallenen und vermissten Mitglieder des Turnvereins neben der Sielturnhalle.

Im April 1861 kam es schließlich zur Gründung des Männer-Turn-Verein zu Norden.[1][2] Dieses Jahr wird vom Verein allgemein als das Gründungsjahr angenommen, wobei lange Jahre der urkundliche Nachweis fehlte, welcher erst durch eine Akte aus dem Niedersächsischen Landesarchiv in Aurich gesichert werden konnte.[3] Am 20. April des Jahres wurden die Statuen des Vereins aufgestellt, weshalb dieser Tag als Gründungstag angenommen werden kann.[4] Die ersten Vereinsführer waren der angesehene Rechtsanwalt Folkmar Franzius und Bürgermeister Taaks. Geturnt wurde auf einem freien Grundstück an der De-Vries-Passage, bei schlechtem Wetter in einer dort befindlichen Scheune. 1863 löste sich der Verein aus ungeklärten Gründen jedoch bereits wieder auf.[2] Es wird vermutet, dass die Auflösung behördlich verfügt wurde, nachdem sich der Verein freundschaftlich über das damals zu Dänemark gehörende Schleswig-Holstein geäußert hatte, welches das Königreich Preußen im Deutsch-dänischen Krieg 1864 (zurück-)eroberten.[5]

Erst 1882 kam es zur Neugründung des Vereins. Zum 1. Vorsitzenden wurde der Ackerbauschul-Lehrer Th. Arjes gewählt.[2][6] Als Übungsort diente der Harm'sche Saal an der Osterstraße.[2] 1886 waren Mitglieder maßgeblich an der Gründung der Norder Feuerwehr beteiligt. Viele der ersten Mitglieder entstammten den Reihen des Norder Turnvereins. Verwunderlich ist dies in Anbetracht der konditionellen Anforderungen an Einsatzkräfte der Feuerwehr nicht.[7] Im gleichen Jahr durfte der Verein mit Genehmigung des Magistrats eine Spendensammlung zur Anschaffung einer Vereinsfahne durchführen, welche ausreichende 300 Mark einbrachte.[8] Wegen des großen Erfolges des Vereins erbaute sich dieser dann 1893 bis 1894 eine eigene Sporthalle Am Alten Siel. Am 15. April 1894 wurde die Turnhalle mit einer großen Feier eingeweiht.[2][9]

Seit ihrer Gründung war der Verein vor allem bürgerlich-kaisertreu geprägt, weshalb sich 1903 die Freie Turnerschaft als Alternative gründete.[10] Nichtsdestotrotz wuchs der Verein weiter und konnte sich im gleichen Jahr über eine Schenkung über 10.000 Mark aus dem Nachlass des jüngst verstorbenen Hildebrand ten Doornkaat Koolman freuen, das gemäß seines letzten Willens der Instandhaltung und Neunanschaffung von Geräten sowie dem jährlichen Kommers (Beisammensein) dienen sollte.[11][12]

Ein Höhepunkt bildete das Jahr 1907, als die Norder Turner ein großes Turnfest auf dem Torfmarkt abhielten und ihn in einen großen Turnplatz verwandelten. Im selben Jahr gründete sich eine Frauenabteilung, obgleich der Frauensport seinerzeit noch relativ verpönt war.[2] Drei Jahre später, 1910, wurde der Vorplatz der Turnhalle zu einem Turnplatz umgestaltet. An den Kosten beteiligte sich diesmal sogar der Oberpräsident in Hannover.[13] Anders als die Herrenabteilung konnte die Damenabteilung ihre Aktivitäten während des Ersten Weltkriegs fortsetzen.[2] Spätestens in dieser Zeit dürfte sich der Name des Vereins von Männer-Turn-Verein zu Norden in Turnverein Norden geändert haben.

Mit der Eingemeindung der Sandbauerschaft in die Stadt Norden wuchsen Fläche und Einwohnerzahl beträchtlich. Dadurch ergaben sich auch neue Freiflächen für die Anlage von Sport- und Spielplätzen. Die Stadt erteilte diesem Ansinnen jedoch eine Absage und begründete dies darin, dass wegen der Lebensmittelnot zurzeit alle Freiflächen für den Anbau landwirtschaftlicher Produkte dienen müssen.[14] Im Frühjahr 1921 stellte der Verein einen Stein für die gefallenen Mitglieder des Ersten Weltkriegs neben der Turnhalle auf. Ursprünglich war geplant, diesen auf dem Blücherplatz aufzustellen, doch wurde dies von der Stadt abgelehnt.[15] Der Stein bzw. das Denkmal befindet sich noch heute dort.

1932 hatte der Verein dann 400 Mitglieder.[2] Bis zur Untersagung durch die nationalsozialistischen Machthaber gestattete der Norder Turnverein es der jüdischen Schule, die Sporthalle für ihren Schulsport zu nutzen.[16] Während der nationalsozialistischen Gleichschaltung der deutschen Vereine wurde dem NTV der bis dahin eigenständige Fußballverein SC 30 Norden angegliedert. Der Turnverein unterstand dabei dem Reichsbund für Leibesübungen.[17] Ab November 1936 mussten alle 10 bis 14 Jahre alten Mitglieder aus dem Verein entlassen werde, da diese für die Hitlerjugend (HJ) sowie den Bund Deutscher Mädel (BDM) verpflichtet wurden. Letzterer benutzte ab Frühjahr 1937 auch die Sielturnhalle für eigene Zwecke.[18]

Anlässlich des Turn- und Sportfestes in Breslau erhielt der Verein 1938 eine neue Fahne.[18] Im Januar 1939 wurde die Turnhalle des Vereins dann von den Behörde beschlagnahmt und zur Getreidebevorratung genutzt. Auf großen Protest des Vereins wurde die Halle im März 1940 wieder geräumt. Für die erforderlich gewordenen Reparaturen leistete die verantwortliche Emder Lagerhausgesellschaft erst nach längerem Verhandeln einen Kostenzuschuss. Es dauerte jedoch nicht lange, bis die Halle wieder zu Lagerzwecken genutzt wurde. Offenbar überließ der Verein dem staatlichen Versorgungsamt die Halle spätestens seit Dezember 1942 langfristig zur Lagerung von Kartoffeln und anderen Lebensmitteln gegen Zahlung einer Miete.[19]

Nach Kriegsende wurde der Verein durch die britische Militärregierung aufgelöst, da er - wenn auch gezwungermaßen - dem nationalsozialistischen Reichsbund (siehe oben) angehörte. Doch schon wenige Monate später wurde der Verein mithilfe von Mitgliedern des erst im August 1945 gegründeten FC Norden unter dem neuem Namen Norder Turnverein (kurz: NTV) neu gegründet. Unter dem Dach des NTV wurde sodann eine Handballsparte gegründet. Am 28. Mai 1946 wurde erstmals wieder in der Halle geturnt.[19] Im Herbst 1949 wurde die Handballsparte in den FC Norden integriert, da der NTV sich durch ihre Existenz finanziell zu sehr belastet sah.[20] Eine angedachte Fusion beider Vereine kam nicht zustande.[21]

Am 2. Januar 1952 gründete sich im Verein eine Sparte für das Fechten. Diese hatte nach dem Tod des Spartenleiters 1971 nicht mehr lange Bestand und konnte erst 1975 zum neuen Leben erweckt werden.[22] Zum Jubiläumsjahr 1986 verzeichnete der Verein gut 1.500 Mitglieder, von denen 900 Jugendliche waren.[23] Noch heute ist der NTV der größte Verein in Norden.

Vorsitzende

Sonstiges

Gemäß Satzung verpflichtet sich der Verein der Pflege und Förderung des Sportes in seiner Gesamtheit. So ist es nicht verwunderlich, dass der Norder Turnverein ein sehr breites Spektrum an unterschiedlichen Sportarten anbietet.[24] Insbesondere die Leichtathletik-Abteilung kann auf große Erfolge zurückblicken und stellte in den vergangenen Jahrzehnte eine große Zahl von Titelträgern bei norddeutschen und deutschen Titelkämpfen gestellt.

Norder Schwalben

In den Jahren 1948 und 1949 formierte sich eine Turn-, Tanz- und Ballettgruppe aus weiblichen Mitgliedern des Norder Turnvereins, der Freien Turnerschaft sowie dem Radfahrverein Solidarität.[25][26] Ab 1952 nannte sich diese Gruppe Norder Schwalben.[25] Die Gruppe war insbesondere auch für ihre Kunststücke, bei denen sie Rollschuhe trugen, bekannt und löste sich um 1960 - trotz großer Erfolge - auf.[26]

Literatur

  • Norder Turnverein (1986): 125 Jahre Norder Turnverein (Festschrift), Norden, Eigenverlag

Einzelnachweise

  1. Beschreibung von Norden in der historischen Ortsdatenbank der Ostfriesischen Landschaft
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 Ocken, Ihno (1996): Entstehung und Entwicklung des Sports in der Stadt Norden, Norden, S. 5
  3. Norder Turnverein (1986): 125 Jahre Norder Turnverein (Festschrift), Norden, S. 17
  4. Norder Turnverein (1986): 125 Jahre Norder Turnverein (Festschrift), Norden, S. 15
  5. Norder Turnverein (1986): 125 Jahre Norder Turnverein (Festschrift), Norden, S. 21
  6. Norder Turnverein (1986): 125 Jahre Norder Turnverein (Festschrift), Norden, S. 23f.
  7. Archiv der Feuerwehr Norden
  8. Norder Turnverein (1986): 125 Jahre Norder Turnverein (Festschrift), Norden, S. 25
  9. Norder Turnverein (1986): 125 Jahre Norder Turnverein (Festschrift), Norden, S. 26
  10. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 13
  11. Canzler, Gerhard (2002): Doornkaat. Eine Firmenchronik, Norden, S. 65
  12. Norder Turnverein (1986): 125 Jahre Norder Turnverein (Festschrift), Norden, S. 27
  13. Norder Turnverein (1986): 125 Jahre Norder Turnverein (Festschrift), Norden, S. 33
  14. Norder Turnverein (1986): 125 Jahre Norder Turnverein (Festschrift), Norden, S. 35
  15. Norder Turnverein (1986): 125 Jahre Norder Turnverein (Festschrift), Norden, S. 37
  16. Ein Rundgang durch Norden, abgerufen am 7. April 2021
  17. Ocken, Ihno (1996): Entstehung und Entwicklung des Sports in der Stadt Norden, Norden, S. 5
  18. 18,0 18,1 Norder Turnverein (1986): 125 Jahre Norder Turnverein (Festschrift), Norden, S. 39
  19. 19,0 19,1 Norder Turnverein (1986): 125 Jahre Norder Turnverein (Festschrift), Norden, S. 41
  20. Geschichte der Handballsparte des FC Norden, abgerufen am 15. August 2021
  21. Ocken, Ihno (1996): Entstehung und Entwicklung des Sports in der Stadt Norden, Norden, S. 7
  22. Ocken, Ihno (1996): Entstehung und Entwicklung des Sports in der Stadt Norden, Norden, S. 37
  23. Norder Turnverein (1986): 125 Jahre Norder Turnverein (Festschrift), Norden, S. 8
  24. Internetseite des Norder Turnvereins, abgerufen am 7. April 2021
  25. 25,0 25,1 Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 47
  26. 26,0 26,1 Ocken, Ihno (1996): Entstehung und Entwicklung des Sports in der Stadt Norden, Norden, S. 17

Siehe auch