Pestalozzischule
Pestalozzischule | |
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Basisdaten | |
Entstehungszeit | 1929 (1921) |
Erbauer | Stadt Norden |
Bauweise | Ziegelsteinbau |
Entwidmung | - |
Erhaltungszustand | erhalten |
Genaue Lage | Schulstraße 70
26506 Norden |
Die Pestalozzischule (auch: Hilfsschule, Förderschule, Sonderschule; spöttisch: Brettergymnasium) wurde ursprünglich als Förderschule für lernschwächere Kinder gegründet und nach dem Schweizer Schulreformer Johann Heinrich Pestalozzi benannt. Seit dem Bau des Förderschultrakts im Schulzentrum Wildbahn dient das Gebäude als Nebenstelle der Conerus-Schule. Hier wird der Beruf des Altenpflegers gelehrt. In einer angebauten Baracke hat der 1981 gegründete Modelleisenbahnclub Norden seinen Vereinssitz.
Geschichte
Im Herbst 1918 und im März 1919 berieten sich die Norder Volksschullehrer unter Federführung von Carl Stegmann über eine Neuordnung des städtischen Schulsystems. Dies hatte zur Folge, dass nach der Eingemeindung der Sandbauerschaft die Schulen und ihre Einzugsbereiche neu strukturiert wurden. Erstmals kam auch der Gedanke zur Einrichtung einer Förderschule zum Tragen. Eine im April 1920 durchgeführte Umfrage ergab, dass 36 Schüler für eine solche Schulform in Frage kämen. Kriterium war, dass diese an ihrer bisherigen Schulform zwei Mal nicht versetzt wurden.[1]
Nach Auswahl der hilfsbedürftigen Schüler wurde der Unterricht am 21. Dezember 1921 mit 23 Kindern (18 Jungen und 5 Mädchen) zunächst in einem Hintergebäude der Gewerbeschule aufgenommen. Da keine geeignete Lehrkraft zur Verfügung stand, erklärte sich Brune Tongers, bislang Lehrer an der Marktschule, für den Unterricht bereit. Neben der Vermittlung von Lesen, Schreiben und Rechnen hatten das Werken und Zeichnen im sogenannten Handfertigungsunterricht einen besonderen Stellenwert.[1]
Aufgrund der allgemeinen Not nach dem Ersten Weltkrieg kam auch die Pestalozzischule in den Genuss der Quäkerspeisung, die auch den Kindern des Armenhauses und der Zingelschule zu Gute kam.[2]
Bereits 1923 stiegen die Schülerzahlen auf 38, was die Einrichtung einer zweiten Lehrerstelle - trotz der sehr beengten Raumverhältnisse - erforderlich machte. Ab 1925 wurden bereits 64 Schüler unterrichtet, weshalb ein dritter Lehrer erforderlich war.[2] 1929 erfolgte endlich der lang ersehnte Neubau an dem bis heute erhaltenen Standort an der Schulstraße 70. Offiziell wurde die Schule nun nach dem Schweizer Schulreformer Johann Heinrich Pestalozzi Pestalozzischule benannt.
Bis Ende der 1930er Jahre stieg die Zahl der Schüler auf knapp 100 Schüler an. Der Höchststand wurde 1953 mit 133 Schülern erreicht. Bereits 1960 ging die Zahl der Schüler jedoch stark zurück und fiel auf 71, ehe sie 1963 bzw. 1964 wieder die Hundertermarke überstieg.[2] Aufgrund der damit einhergehenden Raumnot fand der Schulunterricht - getrennt nach Jungen und Mädchen - in der Sielturnhalle und der Baracke an der Kastanienallee statt, bis beide Räumlichkeiten ab Oktober 1938 zu Lagerräumen für Korn umfunktioniert wurden. Zu Weihnachten des Jahres wurde auch die tägliche Milchspeisung mangels Geldmitteln eingestellt.[2]
Während des Zweiten Weltkriegs wurden die männlichen Lehrer Wilhelm Knieper und Herr Schade zum Kriegsdienst eingezogen. Ihre Vertretung wurde von einer Fräulein Biermann aus Osteel übernommen. Die Schulräume wurden jedoch größtenteils mit Kriegsbeginn vom Deutschen Roten Kreuz beschlagnahmt, die hier eine Rettungsstelle (provisorische Notaufnahme) einrichteten. In den Wintermonaten musste der Unterricht zudem oftmals wegen fehlenden Brennmaterials ausfallen.[2]
Von April bis Juni 1945 diente die Schule als Nebengebäude des in der naheliegenden Zingelschule eingerichteten Lazaretts. 16 Wehrmachtshelferinnen, die für die Betreuung der Verwundeten zuständig waren, waren hier untergebracht. Der Unterricht konnte nur an der einzig freien Schule, der Marktschule, durchgeführt werden.[2] Da ein Teil der Räume auch 1946 bzw. 1947 noch nicht geräumt war, musste der Unterricht trotz Mangels an Lehrmaterial in der Gräfin-Theda-Schule fortgeführt werden. Erst im Februar 1947 konnte der Schulbetrieb am eigentlichen Standort wiederaufgenommen werden, jedoch gab es kein Heizmaterial. Erst ab dem 9. April 1947 konnte der reguläre Unterricht beginnen. An das Hauptgebäude wurde zudem eine Holzbaracke angebaut, um der Raumnot Herr zu werden. Auch die Schulspeisung wurde wieder aufgenommen, sodass ab 1947 bzw. 1948 jedes Kind täglich eine Mahlzeit kostenfrei zur Verfügung gestellt bekam.[3]
Um 1960 trat die Bezeichnung Sonderschule an die Stelle der früheren Bezeichnung Hilfsschule. Ab dem Schuljahr 1969/1970 lautete der Name der Schule offiziell Sonderschule für Lernbehinderte. Seit 2003 bzw. 2004 lautete der Name Förderschule. Spöttisch wurde und wird diese Schulform im Volksmund oftmals Brettergymnasium genannt, da den Schülern vorgeworfen wird, ein (sprichwörtliches) Brett vor dem Kopf zu haben. Wegen Platzmangels wurde zu dieser Zeit auch weiterhin auf die Räumlichkeiten der Baracke an der Schulstraße zurückgegriffen.[4]
Im Schuljahr 1964/1965 wurden die Klassen auf jeweils maximal 20 Schüler begrenzt. Zwischenzeitlich war die Schülerzahl auf 120 gestiegen. Nach der Verlängerung der Schulzeit auf neun Schuljahre erhöhte sich die Schülerzahl im Schuljahr 1967 auf 143 und die Klassenzahl auf sieben. Eine weitere Erhöhung der Schülerzahlen ging mit der Bildung eines Zweckverbandes der Stadt Norden und den umliegenden Gemeinden einher, was unter anderem die Zuweisung von Schülern für die Sonderschule aus dem gesamten Bereich vorsah. Daher begannen ab den 1980er Jahren die Pläne für einen Neubau zu reifen. Der Plan sah vor, die Hauptstufe der Sonderschule in das Schulzentrum Wildbahn zu integrieren, während die Grundstufe in der Grundschule Im Spiet eingebunden werden sollte. 1982 konnte das Vorhaben realisiert werden.[4]
Heute gehört die Pestalozzischule als Nebengebäude zur benachbarten Conerus-Schule. Hier werden die Altenpflegeschüler schulisch ausgebildet.[5] In der angebauten Baracke hat der 1981 gegründete Modelleisenbahnclub Norden seinen Vereinssitz.[6]
Im Sommer 2020 wurde das abgängige Dach der Schule erneuert.
Schulleiter
Zeitraum | Vollständiger Name |
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1921-1929 | Brune Tongers |
1930-1961 | Gerhard Klaffke |
1961-1962 | Franz Gutzer (kommissarisch) |
1962-1978 | Franz Gutzer |
seit 1978 | Hermann Harms |
Schülerzahlen
Schuljahr | Anzahl |
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1921 | 23 |
1923 | 38 |
1925 | 64 |
um 1939 | ca. 100 |
1953 | 133 |
1960 | 71 |
1963 | ca. 100 |
1964 | 119 |
1967 | 143 |
Galerie
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Undatierte Aufnahme mit Blick aus Richtung der Großen Mühlenstraße.
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Aufnahme aus der Zeit um 1955.
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Aufnahme vom 5. Mai 2006.
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Aufnahme vom 7. Mai 2006.
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Aufnahme vom 12. Juli 2020.
Literatur
- Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 140-143
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 140
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 141
- ↑ Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 142
- ↑ 4,0 4,1 Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 143
- ↑ Internetseite der Conerus-Schule Norden, abgerufen am 18. Mai 2021
- ↑ Internetseite des MEC Norden, abgerufen am 18. Mai 2021