Entwässerungsverband Norden

Aus Norder Stadtgeschichte
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Entwässerungsverband Norden

Basisdaten
Gründung 10. Juni 1926
Auflösung -
Rechtsform Körperschaft des öffentlichen Rechts
Hauptsitz Doornkaatlohne 19

26506 Norden

Der Entwässerungsverband Norden (ehem. Sielacht) ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts zuständig für die Entwässerung in ihrem Zuständigkeitsbereich, der sich im Wesentlichen auf das Stadtgebiet erstreckt. Die Entwässerung des tiefgelegenen Norderlandes bzw. Ostfrieslands macht eine Bewohnbarkeit dieser Region erst möglich. Hierzu unterhält der Entwässerungsverband ein über Jahrhunderte entstandenes Netz aus Entwässerungsgräben und Sielen mit einer Gesamtlänge von gut 300 Kilometern. Die Finanzierung erfolgt weitestgehend aus Beiträgen der im Verbandsgebiet wohnenden Einwohner.

Maßgeblich an der Gründung des Entwässerungsverbandes beteiligt war Popke Fegter, der auch erster Obersielrichter des Verbandes wurde und bis 1937 im Amt blieb.

Geschichte

Vorgeschichte

Das Deich- und Sielwesen hängen an der deutschen Nordseeküste unmittelbar miteinander zusammen: Als man vor gut 1.000 Jahren mit dem Deichbau begann, musste auch die Binnen-Entwässerung anders gelöst werden, denn der Deich sperrte nicht nur das Nordseewasser aus, sondern auch das Binnen-Wasser ein. Deshalb befinden sich seit damals in allen Hauptdeichen Siele. Die ursprünglichen Siele hatten zur Nordsee gewandte Holztore, die sich jedes Mal bei Ebbe öffneten, wenn der Nordsee-Wasserstand niedriger war als der Binnen-Wasserstand allein durch den Druck des Wassers. Umgekehrt schlossen sich die Tore, wenn das Nordseewasser bei Flut wieder höher anstieg als das Binnenwasser. Heute werden Siele mechanisch geöffnet und geschlossen.

Vor der Gründung einer einheitlichen Sielacht hatte jedes Siel eine eigene Sielacht, die von einem oder mehreren Sielrichtern beaufsichtigt wurden. Auf das heutige Stadtgebiet bezogen, wurden die Siele von den nach diesen benannten Sielachten unterhalten. Es gab die Alt- und Gastmarscher Sielacht, die Große Norder Sielacht, die Addinggaster- und Leysander Sielacht sowie den Deichverband Leybucht. Weitere Gründungsmitglieder des Entwässerungsverbandes waren die Hilgenrieder Sielacht (Gemeinde Hagermarsch) und die Neßmer Sielacht (Gemeinde Nesse).[1]

Die verheerenden Sturmfluten vergangener Jahrhunderte haben zunächst zu enormen Landverlusten geführt, so auch in der Leybucht, die einst nicht nur bis Norden, sondern auch bis Marienhafe und tief in die Krummhörn reichte. In der Folgezeit kam es durch die natürliche Verlandung der Leybucht immer wieder zu verschlechtertem Wasserabfluss aus dem Binnenland. So diente die Eindeichung vieler Polder im Laufe der Jahrhunderte nicht nur den alleinigen Zweck der Landgewinnung, sondern jedes Mal auch der Verbesserung der Binnenentwässerung durch den Bau eines neuen Sieles am tieferen Watt. In den 1920er bestand im Norderland akuter Binnenwasser-Notstand, weil das damalige Norder Außentief, das bis zum Norder Hafen reichte, total verschlickt war und sich auch maschinell nicht mehr frei halten ließ.

Gründung

Um die für das sichere Leben in unseren Gefilden so wichtigen Siele angemessen und konzertiert zu unterhalten, vereinigten sich die Sielachten 1926 zu einer, wobei die Gründungsversammlung am 10. Juni des Jahres im Kreishaus stattfand. Das erste große Projek war der mit der Eindeichung von Neuwesteel einhergehende Bau des Leybuchtsiels. Zum ersten Vorsitzenden (Obersielrichter) wurde Popke Fegter am 20. September des Jahres gewählt, der die Gründung des Gesamtverbandes maßgeblich und mühevoll vorbereitet hatte.[2]

Die letzte (direkte) Nordseeflut erreichte im Juli 1929 den Norder Hafen. Anschließend waren alle Sielbauwerke zwischen Norden und Leybuchtsiel ebenso überflüssig wie die Deiche zu beiden Seiten des Norder Tiefs, das seitdem ein Binnengewässer ist. Die ausreichende Entwässerung des Norderlandes war aber nur bis in die 1950er Jahre durch das Leybuchtsiel zu gewährleisten, weil die Leybucht und damit auch der Rest vom Norder Außentief immer weiter verlandete. Der erneute Wassernotstand wurde mit dem Bau des Schöpfwerkes neben dem Siel behoben, das 1962 in Betrieb ging. Seitdem können bis zu 45 Kubikmeter Wasser pro Sekunde abgepumpt werden, sodass auch dann, wenn mehr Regen fällt als gesielt werden kann, die Binnenentwässerung für das 24.000 Hektar große Verbandsgebiet gewährleistet ist.

Der Hauptsitz der Deichacht Norden und des Entwässerungsverband, aufgenommen am 21. Mai 2006.

Schon in den 1960er Jahren gab es erste Pläne zur vollständigen Eindeichung der Leybucht, wie üblich mit dem Bau eines neuen Siels am tiefen Watt. Dieser Plan war jedoch schon bald nicht mehr mit zunehmendem Umweltbewustsein zu vereinbaren. Weil die weiter fortschreitende natürliche Verlandung der Leybucht mit dem Norder und dem Greetsieler Außentief dazu führte, dass beide Sielstandorte kaum noch Sielmöglichkeiten hatten und fast ausschließlich pumpen mussten, galt es eine Alternative zu finden. Nach langem Hin und Her war die heutige Lösung das Ergebnis, womit gleich vier Probleme gelöst wurden:

  • Das neue Leysiel am tiefen Watt ermöglicht wieder ein freies Sielen bzw. Entwässern,
  • durch den neuen Hauptdeich sind die Menschen mit ihrem Hab und Gut wieder sicher vor Sturmfluten,
  • der Greetsieler Hafen kann fast unabhängig von der Tide von Fischkuttern und Freizeitkapitänen angelaufen werden,
  • die (heutige) Leybucht blieb als Teil des Niedersächsischen Nationalparks Wattenmeer mit ihrem einzigartigen Salzwiesen-Biotop erhalten.

Dabei dient der Verbindungskanal zwischen Leybuchtsiel und Greetsiel (Störtebekerkanal) zusammen mit dem Speichersee Leyhörn als Puffer: Wenn die Sielmöglichkeiten am Leysiel nicht ausreichen, pumpen die Schöpfwerke Leybuchtsiel und Greetsiel in diesen Speicher, dessen Volumen für 48 Stunden bei voller Pumpleistung ausgelegt ist. Schon die wenigen Jahre haben gezeigt, dass es ohne Schöpfwerksbetrieb nicht geht. Regenreiche Jahre erfordern dann so manchen Pumptag, der alleine an Stromkosten gut 5.000,00 € verschlingt. Die gesamte technische und Außenanlage wird von einem Schöpfwerksmeister betreut, der – quasi nebenbei – auch für die Passage von Schiffen durch das Leybuchtsiel zuständig ist, die so den historischen Norder Hafen erreichen können.

Aufgaben

Zuständig ist der Entwässerungsverband hierbei vor allem für die sogenannten Gewässer 2. Ordnung, während die Gewässer 1. und 3. Ordnung vom Eigentümer unterhalten werden müssen. Gewässer 2. Ordnung sind in der Regel Zugschloote und sonstige Gräben, die für die Entwässerung des Verbandsgebietes von hoher Bedeutung sind. Wichtige und große Gewässer wie das Norder Tief oder das Langhauser Tief zählen hierzu.

In der Vergangenheit wurde dem Entwässerungsverband auch gemeinsam mit der Stadt Norden die Reinigung des Norder Hafenbeckens zuteil.[3]

Einzelnachweise

  1. Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 235
  2. Ramm, Heinz (1989): Popke Fegter (1874-1946). Sein Leben und sein Wirken im Norderland, Norden, S. 18
  3. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 76

Quellenverzeichnis

Siehe auch