Zunft- und Gildewesen

Aus Norder Stadtgeschichte
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Ein Zunft- und Gildewesen hat es auch in Norden gegeben. Die unterschiedlichen Kaufmanns- bzw. Handwerksberufe fanden sich in diesen zusammen. In Bezug auf erstere ist in der Regel von Gilden die Rede, während man bei handwerklichen Berufen eher von Zünften sprach. Aus Gründen der Vereinfachung wurden beide Wesen in diesem Artikel zusammengefasst.

Den Vorsitzenden einer Zunft nennt man Obermeister. Ein der Bäckerzunft vorsitzender Bäckermeister wurde daher beispielsweise als Bäckerobermeister bezeichnet. Diese Bezeichnung wurde von den Innungen übernommen, nachdem die Zünfte im Zuge der Gewerbefreiheit im Königreich Preußen ab 1810 verschwanden und seit dem 18. Juli 1881 ihre neue Bezeichnung erhielten.

Sämtliche Straßen im Gewerbegebiet Leegemoor tragen die Bezeichnung alter Berufe, die größtenteils in Zünften zusammengeschlossen waren. Aber auch außerhalb dieses Gebietes finden sich alte Berufsbezeichnungen wieder, so etwa bei der Weberslohne oder der Schmiedestraße.

Geschichte

Die älteste Nachricht von einer Norder Zunftrolle datiert auf den 23. Januar 1589, als Graf Edzard II. die Handwerksrolle der Norder Goldschmiede anerkennt und bestätigt. Hierbei nimmt er ausdrücklich Bezug auf die bereits von seinem Großvater Edzard dem Großen verliehene Rolle.[1] Daher ist anzunehmen, dass es Zunftrollen mindestens im späten 15. bzw. frühen 16. Jahrhundert gegeben hat. Die älteste, erhaltene Zunftrolle stammt indes aus dem Jahr 1553 und ist auf den 27. September des Jahres datiert. Sie ist jedoch nicht mehr im Original erhalten, sondern nur in einer von Hermannus Conerus beglaubigten Abschrift.[2] In der Zunftrolle wurden vor allem auch Rechte und Pflichten ihrer Mitglieder festgeschrieben, so hatten etwa die Brauer die Beschaffenheit und Sauberkeit ihrer Bierfässer regelmäßig zu prüfen.[3] Regelmäßig stellten die Zunftmitglieder ihre schönsten Handwerksstücke öffentlich bei Paraden und Umzügen zur Schau.[4]

Da Norden anderen Städten, wie beispielsweise Emden, im wirtschaftlichen Leben stets nachstand, gab es hier auch nicht annähernd so viele Zünfte wie dort. Auch war es üblich, dass sich mehrere miteinander ähnliche Berufe zu einer Zunft zusammenschlossen, so etwa die Kramer (Händler) und die (Ge-)Wandschneider (Tuchhändler), zu denen während des Dreißigjährigen Krieges (1618 bis 1648) häufig auch Apotheker und sogar Goldschmiede kamen. Vielen Zünften war indes nur eine kurze Existenz beschieden. Die Goldschmiede und die Brauer konnten sich beispielsweise nur wenige Jahrzehnte in einer eigenen Gilde organisieren bzw. halten. Bereits vor 1535 scheint es auch eine Schlachterzunft gegeben zu haben.[2]

Ungefähr zur Mitte des 18. Jahrhunderts gab es in Norden schließlich eine Kramer-, eine Bäcker-, eine Küfer-, eine Schmiede-, eine Schneider-, eine Schuhmacher-, eine Weber- und eine Sattlerzunft. Viele Berufe waren - wie vorbeschrieben - nicht in einer eigenen Zunft organisiert, was vor allem an den wenigen vorhandenen Meisterbetrieben lag.[1] Zeitweise war die Zugehörigkeit zur Zunft jedoch Bedingung für die Erlaubnis zur Berufsausübung.[3] 1768 gehörten daher die Maurer, die Tischler, die Zimmermänner, die Stellmacher und die Drechsler zusammen, obgleich die Maurer wiederholt versuchten, eine eigene Zunft zu organisieren. Ebenso erfolglos wie die vorgenannten Berufe zur Bildung einer eigenen Zunft waren die Lohgerber, die Segelmacher und die Blaufärber sowie die Zinn- und Gelbgießer, die Hutmacher, die Kupferschmiede, die Blechschläger sowie die Klempner, Glaser und Maler.[1] Die Zünfte kontrollierten die Löhne, die Preise, und vor allem den Zugang zum Markt. Nicht-Mitglieder wurden, sofern sie überhaupt am Wirtschaftsleben teilnehmen durften, doppelt besteuert.[3] Der Zunft- bzw. Gildenbeitritt brachte damit erhebliche Vorteile für die Mitglieder und auch für die Angehörige, für die eine Hinterbliebenenrente vorgesehen war.[5] Traditionell nahm seit dem 18. Jahrhundert ein Mitglied des Magistrats die Rolle des Amtspatrons (Schirmherren) einer Zunft ein.[1] So war etwa Bürgermeister Peter Friedrich Conerus im Jahre 1820 Amtspatron der Maler- und Glaserzunft.[6]

Erstmalig ließ die Sattlerzunft im Jahre 1735 nicht mehr nur in der Stadt ansässige Sattler zu, sondern auch solche aus dem gesamten Amt Norden. Dies führte schließlich zur Gründung weiterer, derartiger Zünfte in Dornum, Hage und Marienhafe. Ermöglicht wurde dies durch Lockerungen der preußischen Regierung unter Friedrich dem Großen, nachdem Ostfriesland mit dem Tode des letzten Cirksena im Jahre 1744 preußisch wurde. Diese Lockerungen brachten zum einen neuen Wind in das eingefahrene Zunftwesen, das potentielle Neulinge mit überhöhten Gebühren zur Wahrung von Monopolstellungen abzuschrecken wusste.[1] Zum anderen führten sie jedoch keine wesentliche Verbesserung ein und schon 1803 wurden die Weberzünfte aufgehoben. Als Ostfriesland ab 1806 unter französische Herrschaft geriet, wurden auch alle anderen Zünfte und Gilden aufgelöst. Erst zum 1. September 1819, Ostfriesland gehörte nun zum Königreich Hannover, wurden diese auf Antrag beim königlichen Ministerium wiederhergestellt.[2]

1845 stand Norden mit insgesamt 10 Zünften und 352 Meistern im ostfriesischen Vergleich sehr gut dar. Natürlich war Emden mit 24 Zünften und 671 Meistern deutlich präsenter, doch lag Norden immer noch weit vor Aurich mit 6 Zünften und 222 Meistern sowie Esens mit 7 Zünften und 305 Meistern. Das größere Leer hatte mit 11 Zünften und 379 Meistern nur ein unwesentlich regeres Zunftleben. Die Zeit der traditionellen Zünfte hatte jedoch schon bald ein Ende. Mit der Einführung einer gesetzlichen Gewerbefreiheit im Jahre 1869 diktierten nicht mehr die Zünfte den Markt, sondern der Markt regulierte sich weitestgehend selbst. Zum 18. Juli 1881 wurde das alte Zunftwesen durch die neugegründeten Innungswesen ersetzt. Die Innungen können als faktische Nachfolger der Zünfte verstanden werden, wenngleich diese nicht mehr so umfangreichen Einfluss auf das wirtschaftliche Geschehen hatte.[2]

Nach der Machtergreifung des NS-Regimes wurden alle Innungen um 1935 gleichgeschaltet und wurden unselbständige Teilverbände des RIV (Reichsinnungsverband). Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurden sie wieder eigenständig.

Bäckerzunft

Die ebenfalls 1535 erwähnten Norder Bäcker haben sich spätestens bis 1585 zu einer Zunft zusammengeschlossen, da aus diesem Jahre ebenfalls verschiedene Auszüge aus der Bäckerrolle erhalten sind. Die erste vollständige Zunftrolle datiert allerdings erst auf den 12. Februar 1661. In den Jahren 1691, 1737 und 1768 wird diese Rolle von der Landesherrschaft bestätigt. Letztmalig wird die Bäckerzunft am 20. August 1820 namentlich genannt, ab dem 19. Dezember 1882 bestand sie dann als Bäcker- und Konditorinnung fort.[7][8] Sitz der Bäckergilde war früher das Haus an der (einstigen) Sielstraße 13.[9]

Die Familie ten Cate-Tapper stellt seit 1907 die Obermeister dieser Innung.[10]

Böttcherzunft

Die Zunft der Böttcher, die Fässer und Transportgefäße aus Holz herstellten, gehört zu den ältesten Zünften der Stadt. Vor allem für die ordnungsgemäße Durchführung der Ausfuhr von Waren vom Norder Marktplatz waren sie von entscheidender Bedeutung, da ansonsten schlichtweg entsprechende Behältnisse gefehlt hätten.[11]

Ihre erste Zunftordnung wurde den Böttchern am 19. Januar 1553 von den Bürgermeistern ausgestellt und am 7. September des Jahres von Gräfin Anna genehmigt.[12][13] Damit einhergehend gewährte sie ihnen das Privileg einer Monopolstellung zur Herstellung von Fässern und Tonnen im Stadtgebiet. Das Verschließen und Versiegeln dieser Behältnisse durfte dabei grundsätzlich nur unter den Augen eines der sieben Böttchermeister geschehen, um Betrug beim Warenhandel zu verhindern.[11] Daher hatten die Böttcher die Behältnisse der Händler vor der Ausfuhr auf ihren ordnungsgemäßen Verschluss zu prüfen und diese dann mit einer Marke zu versehen.[13] Ihre Privilegien und ihre Zunftrolle wurde ihnen von der Landesherrschaft nachweisbar 1629, 1720 und 1738 bestätigt.[7][12]

Noch bis in die Zeit um 1900 gab es acht Böttchermeister in Norden. Das Geschäft von Hinrich Müller gab erst Anfang der 1960er Jahren den an der Westerstraße 62 befindlichen Betrieb auf, nachdem der wirtschaftliche Druck durch maschinell hergestellte Produkte von außerhalb immer größer wurde.[14]

Brauerzunft

Obgleich das Bierbrauen eine lange Tradition hat und Bier noch lange vor Tee und Kaffee, die hierzulande erst zu Beginn des 18. Jahrhundert aufkommen, als Volksgetränk galt und einen guten Ruf hatte, organisierten sich die Bierbrauer erst verhältnismäßig spät in einer Zunft.[15] So wurde ihre Zunftrolle erstmalig am 27. Juli 1689 bestätigt.[7][15] Ursächlich für den Zusammenschluss der Brauer war wohl die Preistreiberei mit dem zu importierenden Brauholz und Hopfen, dem man mit einer Zunft entgegenzuwirken versuchte.[15]

Im Jahr der Zunftgründung betrug die Zahl der örtlichen Bierbrauer 30, bereits im Folgejahrhundert sank diese Zahl jedoch zusehends. Der Tee begann das Bier als Volksgetränk abzulösen und die Nachfrage danach stieg immer weiter, während der Bierkonsum schwand. Die Geschichte der Brauerzunft scheint dabei nur von kurzer Dauer gewesen zu sein. Wurde ihre Zunftrolle noch 1699 bestätigt und 1710 erneuert, finden sich seit 1735 keine Nennungen dieser Zunft mehr.[15]

1761 gab es nur noch 17 Bierbrauer in Norden. Diese begannen nicht mehr nur für den Eigengebrauch (z.B. die eigene Gaststätte), sondern auch für den Handel zu produzieren, um ihren Absatz zu steigern und gingen in Kooperation mit anderen Gaststätten. 1804 gab es noch zwölf Brauerein; 1819 nur noch acht, die allesamt mit einer Gaststätte verbunden waren. 1864 existierten zwei Brauereien (Doornkaat in der Brauhausstraße und Brauerei Beck in der Heringstraße), die nur Bier produzierten, ohne eine eigene Gaststätte zu betreiben. Dazu kamen fünf Gaststätten, die Bier im Nebenerwerb produzierten. Als letzte Brauerei ging die Beck'sche im Ersten Weltkrieg ein.[15]

Goldschmiedezunft

Verschiedene Stempelzeichen örtlicher Goldschmiede

Die Goldschmiede waren in Norden seit spätestens 1589 zünftig organisiert und fertigten anfangs hauptsächlich Arbeiten für die Ludgerigemeinde an.[7][16] Ihr Zusammenschluss lässt sich jedoch nur bis 1664 verfolgen.[8] Ihr Handwerk verschwand deshalb jedoch keineswegs aus der Stadt, auch weiterhin gab es zahlreiche Goldschmiede, so lassen sich bis 1965 nicht weniger als 115 Goldschmiede für Norden nachweisen, von denen ein gutes Drittel allein im 18. Jahrhundert tätig war.[16][17] Anfang der 1770er Jahre gab es Versuche, die alte Goldschmiedezunft wieder zum Leben zu erwecken, doch schlugen diese Versuche fehl.[17]

Am 1. Januar 1888 trat ein Reichsgesetz in Kraft, nachdem Schmiedeerzeugnisse aus Gold und Silber mit dem Stempelzeichen des jeweiligen Schmiedes versehen werden mussten.[17] So lassen sich noch heute viele Werke ihren Urhebern zuordnen.

Gab es 1809 noch 19 selbstständige Goldschmiede sowie zwei Silberschmiede in der Stadt, schwand ihre Zahl in der Folgezeit. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden sie mehr und mehr zum Uhrmacher, die parallel zu dieser Tätigkeit noch Gold- und Silberschmiedetätigkeiten anboten.[17][18] Oftmals wurde jedoch gar nicht mehr selbst geschmiedet, sondern nur feilgeboten.[17] Die sprichwörtlich goldenen Zeiten, die seinerzeit als die besten in Ostfriesland galten, waren vorbei.[16]

Krämerzunft

Markant für die Zunft der Krämer (Händler) war, dass sie auch mehrere Gold- und Silberschmiede aufnahm. Ferner wurden auch (Ge-)Wandschneider (Tuchhändler) sowie Lakenhändler und Kräutner (Gewürzhändler) aufgenommen. Ihre älteste erhaltene Rolle der Krämerzunft (Händler) stammt von 1651.[7][19] In den Jahren 1664, 1690, 1710 und 1748 wurde die Zunftrolle vom Landesherren bestätigt.[19]

Da es zu dieser Zeit noch keine Tabakmanufakturen in Ostfriesland gab - die erste wurde Steinbömer & Lubinus - kam es 1773 zu einem Rechtsstreit, nachdem diese in ihrem Laden Tabak und Leinen verkauften. Der Magistrat stellte bei der Klage fest, dass einerseits die Zunftmitglieder mit Recht auf die Privilegien der Zunft pochten, andererseits der Tabakhandel noch nicht in der Zunftrolle reglementiert war, da man diesen bis dato aus den Niederlanden bezog. Die preußischen Beamten in Aurich entschieden schließlich zugunsten der Tabakmanufaktur.[20]

Am 21. November 1812 fand die letzte Zunftversammlung statt. Wie alle anderen auch (siehe Geschichte) wurde die Kräuterzunft aufgelöst, ihr Inventar am 26. November des Jahres in einer öffentlichen Auktion verkauft.[19] Am 15. August 1821 wurde die Zunft neu gegründet, ging jedoch 1881 - wie alle Zünfte - in einer neuen Innung auf.[15]

Manufaktur- und Ellenhändlerzunft

Erst am 9. September 1820 organisierten sich die Manufakturer (Inhaber einer Manufaktur) und Ellenhändler in einer Zunft.[15] Ellenhändler handelten mit allen unverarbeiteten Textilien, die mit der Elle (Arm) abgemessen wurden.

Schlachterzunft

Eine Schlachterzunft scheint bereits vor 1535 existiert zu haben, da eine solche in der Polizeiordnung des Jahres namentlich genannt werden. Eine Zunftrolle hatten sie bereits seit vor 1594.[2][7] Am 15. März 1594 führt die Zunft Klage gegen die Norder Juden, da diese trotz einer Vorschrift von 1591 wiederholt auch Fleisch an Nicht-Juden zu regulären Preisen verkauft zu haben. Dies war ihnen nur zu einem erheblich reduzierten Preis gestattet, damit es für sie nicht lohnend ist.[8]

Bemerkenswert an dieser Zunft ist, dass sie in ihrer Rolle bereits recht genaue Vorschriften bezüglich ihrer Arbeitsgestaltung festgelegt hatten. Von Fastnacht (i.d.R. Ende Februar) bis Michaelis (29. September) war ein Schlachten nur in der Zeit von 06:00 bis 10:00 sowie von 13:00 bis 17:00 Uhr gestattet. Von Michaelis bis Fastnacht war der Zeitraum von Tagesanbruch bis 10:00 Uhr sowie von 13:00 Uhr bis zum Einbruch der Nacht erlaubt, sonntags zudem nur in der Zeit von 06:00 bis 09:00 Uhr sowie von 14:00 bis 16:00 Uhr. Festgelegt wurden auch drakonische Strafen festgelegt, etwa für Verstöße gegen die Arbeitszeiten.[8]

Geschlachtet wurde offenbar in einem Schlachthaus, das sich in einem der Wirtschaftsräume des (zum oben genannten Zeitpunkt bereits säkularisierten) Klosters Marienthal befunden hat und bereits von den Mönchen als solches benutzt wurde.[8]

Zu einem späteren Zeitpunkt scheint sich die Schlachterzunft wieder aufgelöst zu haben. Erst 1911 kam es zu einer Neugründung, am 8. Oktober des Jahres wurde der Vorstand gewählt.[21] Die Zahl der Schlachter betrug in dieser Zeit 16 und veränderte sich auch nicht bis in die Zeit des Nationalsozialismus.

Während des Ersten Weltkriegs wurden die Schlachter im gesamten Deutschen Reich und damit auch in Norden in großen Kommunalverbänden zusammengefasst, da sie elementar wichtig für die Nahrungsmittelversorgung waren. Die Norder Fleischer wurden - wie auch die hiesigen Viehhändler - dem Kommunalverband Hannover zugeordnet.[22]

Schmiedezunft

Die Rolle der Schmiedezunft kann auf den 8. März 1616 datiert werden.[7][19] Diese wird 1626, 1660, 1668, 1693, 1738 und 1821 erneuert bzw. bestätigt.[19]

Innerhalb der Zunft gab es Bestrebungen die einzelnen Spezialisierungen (Grobschmiede, Feinschmiede und Messermacher) zu trennen. Die Schwierigkeiten und Gegensätze waren jedoch zu groß und man verblieb in einer (Schmiede-)Zunft. Die Verhandlungen wurden mit einer neuen Rolle vom 14. März 1738 abgeschlossen. Nach der Neuordnung der Zünfte (siehe Geschichte) erhielt die Zunft am 12. April 1821 eine neue Rolle.[19]

Schneiderzunft

Die Zunft der Schneider wird erstmalig zu Zeiten von Graf Edzard II. am 24. Dezember 1591 erwähnt. Wie auch die Schlachter klagten die Schneider die Norder Juden im Jahre 1594 vor dem Landtag in Aurich an. Sie warfen ihnen Wucherei und monopolisches Handeln vor. Die Juden werden verurteilt, ihr Treiben aufzugeben und im Wiederholungsfalle die Landesverweisung angedroht.[17]

Die älteste im Wortlaut erhaltene Zunftrolle der Schneider stammt von 1669. Die Erlaubnis ihres Zusammenschlusses wird in den Jahren 1711, 1736 und 1781 bestätigt. Am 3. März 1821 ist eine neue Zunftrolle belegt.[17]

Schusterzunft

Mindestens seit dem 12. Mai 1606 waren die Schuster zünftig organisiert, wie aus einer alten Urkunde erkennbar ist. An diesem Tage bezahlen die Ältesten der Zunft getreu der Vorschrift ihrer Zunftrolle einen Betrag von 3 Goldgulden an das Armenhaus. Diese Zunftrolle wurde in den Jahren 1651, 1680, 1720 und 1738 durch den Landesherren bestätigt bzw. erneuert.[19][23] Letztmalig ist eine solche Zunftrolle für den 8. August 1821 belegbar.[19]

Sielfahrerzunft

Die Sielfahrer (auch: Slededriver) waren seit dem 31. Januar 1610 zünftig organisiert.[7][19] Sie hatten das Privileg des Warentransportes zwischen den Sielen und der Stadt inne, sofern die Waren vom Eigentümer nicht auf einem eigenen Fahrwerk transportiert werden konnten. Ihre Zahl war auf 12 beschränkt.[19][24] Eine solche Beschränkung finden wir heute noch bei den Taxiunternehmen.

Tatsächlich hatten auch die Sielfahrer eine besondere Rolle beim Personentransport. Sie hatten seit 1611 mindestens sechs Mal jährlich eine Fahrt zwischen Norden nach Berum oder Marienhafe zu leisten. Ab dort übernahmen Emder Sielfahrer den Weitertransport. Diese Pflichtfahrten wurden erst 1746 durch Zahlung eines Geldbetrages abgelöst.[19]

Geleitet wurde die Sielfahrerzunft von einem Fuhrleute-Ältermann, der jedes Jahr zur Fastnacht neu gewählt wurde. Dieser nahm die Fahrtwünsche potentieller Kunden an und verteilte sie gerecht an die einzelnen Fuhrmänner.[24]

Die Zunftrolle wurde in den Jahren 1670, 1690 und 1792 bestätigt. Der Posten des Sielfahrers konnte weitervererbt oder verkauft werden, zu Beginn des 19. Jahrhunderts werden zwischen 200 und 300 Reichstalern als Kaufpreis genannt. 1838 wurde das Sielfahrerwesen entschädigungslos aufgelöst und bald durch neue Regelungen vom Magistrat abgelöst, die das Transportwesen neu ordneten. An das alte Sielfahrerwesen erinnert noch heute der Flurname Fuhrleute-Heller, jener Heller vom Norder Hafen bis zum Zuckerpolder.[19]

Weberzunft

Spätestens 1593 hat es eine Weberzunft gegeben, wie aus einer Urkunde vom 17. Mai des Jahres hervorgeht.[7][17] Die älteste, erhaltene Zunftrolle stammt vom 17. April 1616 und wurde von Graf Enno III. ausgestellt. Die Legitimität der Zunftrollen wird 1652, 1661, 1691 und 1738 vom Landesherren bestätigt. In letztgenannter Rolle wird ersichtlich, dass sich zwischenzeitlich auch die Leinen-, Servietten- und Wollweber der Weberzunft angeschlossen haben.[17]

Durch die von Friedrich dem Großen erlassenen Lockerungen der Zunftvorschriften kam auch die Weberzunft in Bedrängnis. 1803 wurden die Weberzünfte aufgelöst, eine Neugründung für sechs Jahre verboten. Aber auch danach kam es nur zu erfolglosen Versuchen, sich wieder in einer Zunft zu organisieren. Zu sehr war die Weberei durch die aufkommende Industrialisierung in Not geraten. Betrug die Zahl der in Norden ansässigen Webermeister im Jahre 1803 noch 48, die 116 Arbeiter beschäftigten, waren es 1864 nur noch 18. Spätestens ab 1904 gab es schließlich keinen tätigen Webermeister in Norden mehr.[17][25] Bedingt war dies durch die Industrialisierung und den zunehmenden Einfluss der westfälischen Textilindustrie.[25]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 59
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 60
  3. 3,0 3,1 3,2 Canzler, Gerhard (1989): Handel und Wandel, Norden, S. 14
  4. Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 230
  5. Canzler, Gerhard (1994): Norden. Museen im Alten Rathaus, Norden, S. 105
  6. Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 76
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3 7,4 7,5 7,6 7,7 7,8 Rack, Eberhard (1967): Besiedlung und Siedlung des Altkreises Norden, Münster, S. 45
  8. 8,0 8,1 8,2 8,3 8,4 Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 61
  9. Schreiber, Gretje (1998): Norder Häuser. Die Bewohner der Sielstraße (Heim und Herd-Serie im Ostfriesischen Kurier)
  10. Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 182
  11. 11,0 11,1 Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 18
  12. 12,0 12,1 Canzler, Gerhard (1994): Norden. Museen im Alten Rathaus, Norden, S. 105
  13. 13,0 13,1 Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 74
  14. Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 74
  15. 15,0 15,1 15,2 15,3 15,4 15,5 15,6 Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 64
  16. 16,0 16,1 16,2 Canzler, Gerhard (1994): Norden. Museen im Alten Rathaus, Norden, S. 96
  17. 17,0 17,1 17,2 17,3 17,4 17,5 17,6 17,7 17,8 17,9 Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 62
  18. Canzler, Gerhard (1994): Norden. Museen im Alten Rathaus, Norden, S. 99
  19. 19,00 19,01 19,02 19,03 19,04 19,05 19,06 19,07 19,08 19,09 19,10 19,11 Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 63
  20. Behrends, Berend-Heiko (1969): Zwei Jahrhunderte Steinbömer Tabak, Norden, S. 9f.
  21. Gödeken, Lina (2000): Rund um die Synagoge in Norden. Die Geschichte der Synagogengemeinde seit 1866, Aurich, S. 43
  22. Gödeken, Lina (2000): Rund um die Synagoge in Norden. Die Geschichte der Synagogengemeinde seit 1866, Aurich, S. 44
  23. Canzler, Gerhard (1994): Norden. Museen im Alten Rathaus, Norden, S. 104
  24. 24,0 24,1 Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 55
  25. 25,0 25,1 Rack, Eberhard (1967): Besiedlung und Siedlung des Altkreises Norden, Münster, S. 46

Siehe auch