Altes Gemeindebüro

Aus Norder Stadtgeschichte
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Altes Gemeindebüro

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Basisdaten
Entstehungszeit 1848
Erbauer Gerhard Behrend Voss
Bauweise Großes Stadthaus
Erhaltungszustand erhalten
Genaue Lage Am Markt 66

26506 Norden

Als Altes Gemeindebüro (früher: Haus Scharphuis) wird ein denkmalgeschütztes Gebäude aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Am Markt, im Winkel zur Klosterstraße bezeichnet.[1] Heute befindet sich hier unter anderem die Kanzlei eines Rechtsanwalts.

Geschichte

Das Grundstück ist seit vielen Jahrhunderten bebaut und grenzte einst im Norden und Osten an die Ländereien des Klosters Marienthal sowie später des Gasthauses. Ursprünglich gehörte das hiesige Land zum Kloster, weshalb die Eigentümer auch viele Jahre nach dessen Säkularisation noch Grundsteuern an das Gasthaus als Nachfolgerin des Klosters zu zahlen hatten.[2] Seit jeher hatten die Eigentümer des Hauses zudem die anliegende Klosterstraße anteilig (zur Hälfte) zu unterhalten.[2][3] Die Unterhaltung der anderen Hälfte des Straßenunterhalts musste von den Nachbarn in Haus 65 getragen werden.[3]

Erste Erwähnung findet das Haus - oder vielmehr ein Vorgängerbau - im Jahre 1645, als hier die Witwe des Ratsherrn Meinart König wohnte und nach ihnen (1663 bis mindestens 1672) der gemeinsame Sohn Wilef König. Aus ungeklärter Ursache war dieses Haus mit höheren Steuern belastet als die Nachbarhäuser. Mitunter zahlte es gar die höchsten Steuern der fünf Häuser des 5. Rottes der Norderkluft.[2]

In einer Häuserliste aus dem Jahre 1722 wird der Ratsherr Storch als Eigentümer des Hauses erwähnt, welches er in jener Zeit neu erbaut hatte. Nach seinem Tode ging es an seine Witwe und nach ihr an die gemeinsamen Kinder (Otto Storch, Johann V. Storch, Adolph M. Storch, Haucke Helena Tappers, geb. Storch und Bauke Lamina Storch).[2]

Am 14. September 1762 ersteigerte Ihno Poppen Weyers das Haus für 1.800 Gulden. Ihm gehörte auch das danebenstehende Haus mit der alten Hausnummer 595 (Klosterstraße). In jener Zeit wird das Haus wie folgt beschrieben: Vor dem Haus ist eine Leufe (Vordach). Das Vorhaus (Diele, Vorraum) ist wie die links liegende Kammer mit roten Bremer Floren bepflastert. Von einem Gang kommt man in eine Mittelkammer, die gleichfalls mit roten Floren bepflastert und die mit einem Feuerherd, zwei Bettstellen und einem kleinen Schrank in der Mauer ausgerüstet ist. Auch die große Hinterkammer ist ähnlich ausgestattet. Vermittelst einer Wendeltreppe kann man auf den Boden steigen, wo sich noch zwei Kammern befinden. Wenn man die Wendeltreppe weiter verfolgt, gelangt man auf den zweiten Boden. Über diesen Boden ist ein Flieringboden mit eienr Winde und dem dazugehörigen Tau. Der Dachstuhl ist eichen und die Pfannen liegen in Kalk. Unter dem Hause sind zwei große gewölbte Keller mit drei Eingängen.[2]

Östlich des Hauses stand eine große Scheune, in der Platz für zwei Pferde, drei Kühe und 2,5 Gulfen war. Wie bei einigen Häusern an der Nordseite des Marktes beffand sich dort ein Fischteich nebst Gartenhaus sowie ein Abort. Der Garten ging hinten gen Norden und Osten an das Gasthaus. Der dortige Graben musste vom Hauseigentümer gereinigt gehalten werden, da er zugleich als Wasserquelle diente. Gegen Osten des Gartens befand sich die von der Mühlenstraße herrührende, sogenannte Hölle oder Wasserleitung, die ebenfalls halbseitlich gereinigt und unterhalten werden musste.[2][4]

Am 8. August 1794 erwarb Heycke Siebens Fischer das Haus nebst Garten und den beiden Scheunen sowie ein ganzes Warenlager an Holz, Steinen und Dachpfannen. Hierzu schloss sie zuvor einen Tauschvertrag mit dem Verkäufer Weyers. Fortan blieb das Haus wohl viele Jahrzehnte im Besitz der Familie Fischer und wurde dann am 12. Mai 1846 von Sabine Fischer, Witwe Frerichs zu Norden, versteigert. Neuer Besitzer wurde sodann der Schiffskapitän Gerhard Behrend Voss, der das Haus (vor 1882)[5] an Sanitätsrat Dr. med. Ernst Kruse weiterverkaufte. Kruse wurde 1882 Badearzt auf Norderney und war von 1875 bis 1900 Reichstagsabgeordneter in Berlin.[2] 1900 verstarb er in Berlin an plötzlichem Hirnbluten.[5]

1848 errichtet Voss das bis heute erhaltene Gebäude. Der heutige Bau aus dem Jahre 1848 ersetzte zwei zuvor zusammengewachsene (siehe auch: Liste der Häuser nach alter Adressierung (1751-1850), Nr. 595 und 596).[2][6] Besonders markant war und ist seither das handgeschnitzte Sonnenmotiv am Oberlicht unter dem Giebel, das stark an jenes der Schwanen-Apotheke erinnert.

Um 1875 wurde das Haus dann vom Eisenhütten-Direktor Ludwig "Louis" Landmann erworben.[2][7] Dieser wohnte hier bis zu seinem Tode im Jahre 1887. Nach ihm wohnte hier noch seine Frau Charlotte, ehe diese 1901 ebenfalls verstarb.[7] Vor 1926 erwarb der Zahnarzt Dr. med. Paul Scharphuis das Haus.[2][8] 1928 wurden beim Einbau einer Heizung alte Grabsteine im gewölbten Keller des Hauses gefunden. Diese wurden im Garten als Kanalisationsdeckel verwendet und mit Erde zugedeckt worden.[2] Es ist zu vermuten, dass die Grabsteine aus Klosterzeiten stammten.

Die Familie Tepe-Scharphuis blieb noch bis mindestens 1974 im Besitz des Hauses, ehe es dann von der Commerzbank genutzt wurde, bis diese schließlich in die Osterstraße umzog. Später zog hier die Gemeindeverwaltung der Ludgerigemeinde Norden als Mieterin ein, mittlerweile befindet sich im Hause unter anderem eine Rechtsanwaltskanzlei.

Galerie

Einzelnachweise

  1. Liste der Baudenkmale in Norden, abgerufen am 11. November 2021
  2. 2,00 2,01 2,02 2,03 2,04 2,05 2,06 2,07 2,08 2,09 2,10 Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 152
  3. 3,0 3,1 Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 153
  4. Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 20
  5. 5,0 5,1 Wikipedia-Artikel zu Ernst Christian Carl Kruse, abgerufen am 31. Juli 2024
  6. Cremer, Ufke (1938): Die Hausnummern Nordens im Jahre 1812, Norden, S. 2
  7. 7,0 7,1 Genealogische Aufzeichnungen, zur Verfügung gestellt von Claus Herlyn (E-Mail vom 29. September 2022)
  8. Brückner, Annemarie / Gerdes, Edo (1984): So war es damals. Bilder aus dem alten Norden, Leer, S. 100

Siehe auch