Haus de Löwe
Haus de Löwe | |
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Basisdaten | |
Entstehungszeit | 1909 |
Erbauer | Levi Louis und Jacob de Löwe |
Bauweise | (verputzter) Ziegelsteinbau |
Erhaltungszustand | erhalten |
Genaue Lage | Neuer Weg 66
26506 Norden |
Das Haus de Löwe ist ein denkmalgeschütztes Gebäude am Neuer Weg 66. Es wurde 1909 erbaut war in der Anfangszeit Sitz eines Textilwarengeschäftes.
Charakteristisch für das Haus sind die zwei Löwen im Giebel sowie die Initialen dL im Giebel, die an die Familie de Löwe erinnern.
Geschichte
Ursprünglich wurde das Textilgeschäft 1845 von dem jüdischen Kaufmann Salomon Levy de Löwe gegründet.[1][2] Erbaut haben das bis heute bestehende Haus jedoch seine Söhne Levi Louis de Löwe und Jacob de Löwe im Jahre 1909.[3][4] Teilweise wird Salomon - auch Samuel genannt - als Erbauer angegeben, doch war dieser 1909 schon längst verstorben.
Die Familie de Löwe (auch: de Loewe), wurde 1938 - wie alle jüdischen Familien - von den Nationalsozialisten enteignet, nachdem sie bereits einen Großteil ihrer landwirtschaftlichen Besitztümer im Jahre 1936 weit unter Wert verkauften mussten.[5] Das äußerst fruchtbare Land im Südwesten der Stadt war seinerzeit zusätzlich im Wert gestiegen, nachdem bekannt wurde, dass dort Baugebiete erschlossen werden sollten.[6]
Im September 1938 wurde der Familiensitz am Neuen Weg von Karl und Heike Hinrichs erworben. Während Karl kurze Zeit später nach Emden verzog, erwarb Heike in den 1950er Jahren noch das Haus am Neuen Weg 70.[3] Er war in Norden einer der größten Nutznießer der nationalsozialistischen Enteignungen gegen jüdische Mitbürger. Karl und Heike richteten in dem Gebäude nun eine Manufakturwarenhandlung ein, die sie am 17. September 1938 eröffneten und dies feierlich im Ostfriesischen Kurier verkündeten. Der Laden firmierte unter dem Namen Gebrüder Hinrichs.[7]
1967 wurde das Haus de Löwe modernisiert und das Erdgeschoss mit einer Schaufensteranlage ausgestattet.[8] An die Familie de Loewe erinnern noch heute fünf Stolpersteine vor dem Haus. Auch finden sich am Giebel noch die Initialien dL. Wegen seiner historischen Bedeutung steht es unter Denkmalschutz.[9]
Am frühen Abend des 17. März 2022 kam es zu einem Brand im Röstofen der Norder Kaffeemanufaktur. Durch beherztes Eingreifen der Mitarbeiter sowie der Norder Feuerwehr konnte ein größerer Schaden an dem historisch wertvollen Gebäude verhindert werden.
Familie de Löwe
Levi Louis de Löwe war seit 1925 Witwer und verstarb 1931. Jacob hingegen erlebte die Einschränkungen der nationalsozialistischen Verfolgung noch, bevor er 1933 verstarb. Selma, seine Frau, war beliebt, und versuchte mithilfe ihres Sohnes Siegbert, das Geschäft weiterzuführen. Siegbert heiratete Hildegard Wolff unter Einbeziehung eines Rabbiners verbotenerweise und heimlich im Giebel des Hauses.
Hildegard war die Tochter von Karl Wolff und die Schwester von Rudolf Wolff. Den beiden gelang 1939 die Flucht in die USA, wo Hildegard sich in Hilda umbenannte. Dort verschriftete sie ihre Lebensgeschichte für ihre Nachkommen.
Susanne, die Schwester von Siegbert, heiratete Eduard Cossen und gebar 1932 und 1935 Werner und Hans. Auch dieser Teil der Familie versuchte zu fliehen. Sie gingen mit Selma (Susannes und Siegberts Mutter) nach Holland in der Hoffnung, noch Visa für Amerika zu erhalten. Doch für sie war es zu spät. Selma war 67 Jahre alt, als sie 1943 ermordet wurde. Susanne und ihre Familie wurden im Januar 1944 nach Theresienstadt deportiert. Eduard wurde im September nach Auschwitz deportiert und zwei Wochen später nach Dachau verlegt. Dort verstarb er im Februar 1945.
Susanne und die Kinder wurden im Oktober 1944 nach Auschwitz deportiert und in Birkenau vergast. Susanne Cossen wurde 41 Jahre alt, ihre Söhne 9 und 12 Jahre. Eduard Cossen wurde 45 Jahre alt.
Galerie
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Zeitungsinserat aus dem Jahr 1912.
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Saison-Ausverkauf wegen der erzwungenen Geschäftsaufgabe im Sommer 1938.
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Zeitungsinserat im Ostfriesischen Kurier vom 17. September 1938.
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Neuer Weg 66 - Lotto Laden - Aufnahme vom 31. Dezember 2007.
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Neuer Weg 66 - Lichtquelle, einen Tag nach Neueröffnung - Aufnahme vom 1. Juni 2008.
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Neuer Weg 66 - Aufnahme vom 22. September 2019.
Einzelnachweise
- ↑ Ökumenischer Arbeitskreis (2021): Kleiner Rundgang durch Norden, Norden, S. 15
- ↑ Gödeken, Lina (2000): Rund um die Synagoge in Norden. Die Geschichte der Synagogengemeinde seit 1866, Aurich, S. 369
- ↑ 3,0 3,1 Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 172
- ↑ Dorsch, Thomas / Wenz, Martin (2003): Norden / Ostfriesland. Denkmalpflegerische Zielplanung für Osterstraße und Neuen Weg, Hameln, S. 7
- ↑ Gödeken, Lina (2000): Rund um die Synagoge in Norden. Die Geschichte der Synagogengemeinde seit 1866, Aurich, S. 367
- ↑ Gödeken, Lina (2000): Rund um die Synagoge in Norden. Die Geschichte der Synagogengemeinde seit 1866, Aurich, S. 354ff.
- ↑ Gödeken, Lina (2000): Rund um die Synagoge in Norden. Die Geschichte der Synagogengemeinde seit 1866, Aurich, S. 371
- ↑ Dorsch, Thomas / Wenz, Martin (2003): Norden / Ostfriesland. Denkmalpflegerische Zielplanung für Osterstraße und Neuen Weg, Hameln, S. 35
- ↑ Liste der Baudenkmale in Norden, abgerufen am 11. November 2021