Deich

Aus Norder Stadtgeschichte
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Als Deich bezeichnet man wasserbauliche Anlagen zum Hochwasserschutz, die entlang von Küsten oder Flussmündungen errichtet werden. Es sind asymmetrisch profilierte Bauwerke, die als Damm längsseits eines Flusses oder des Meeresufers liegen und das niedrige und schwach reliefierte, unmittelbar daran anschließende Hinterland vor Überflutungen schützen soll. Im Inland werden sie an den Rändern von Flüssen zum Schutz von Flussauen vor Hochwasser angelegt und meistens einfach als Dämme bezeichnet. Der Begriff ist vom mittelniederdeutschen Wort dîk abgeleitet, was sowohl ein künstlich angelegtes Gewässer im Sinne von Teich, aber ursprünglich etwas Ausgestochenes bezeichnete.

Alte, nicht mehr unmittelbar an der Wasserlinie befindliche Deiche nennt man Schlafdeich. Diese wurden vielfach als zweite bzw. dritte Verteidigungslinie belassen, aber nicht mehr regelmäßig einer Deichschau unterzogen. Teilweise dienen sich noch als Sommerdeich.

Die Sicherung der Deiche wird seit alters her von den Deichachten gewährleistet. Die jährliche Begutachtung der Sicherheit der Deiche nennt man Deichschau.

Geschichte

An der Nordseeküste werden bereits vielen Jahrhunderten Deiche errichtet, sowohl zum unmittelbaren Hochwasserschutz, aber auch zur Neulandgewinnung. Die durch Eindeichung gewonnenen Landstriche nennt man Polder. Andere, regionale Begriffe hierfür sind Groden oder auch Koog. Die Böden dieser so geschützten Gebiete weisen vom Meeresspiegel herantransportierte Sedimentablagerungen auf und werden als Marsch bezeichnet. In der heutigen Zeit, die durch ein fortgeschrittenes Umweltbewusstsein der Bevölkerung charakterisiert wird, ist die Umweltpolitik zu einem stark prägenden Faktor geworden. Diese setzt sich für eine stärkere Regulierung des Landmanagements ein. So ist heute die Neulandgewinnung in den Hintergrund getreten und Deiche dienen praktisch nur noch dem Hochwasserschutz.

Die Deichhöhe und -breite ist von der jeweiligen Landschaft und Flutgefahr abhängig. Mit dem Steigen des Meeresspiegels und der technischen Entwicklung wuchsen auch die Ausmaße der Deiche an. Nach alten Aufzeichnungen waren die Deiche im 12. Jahrhundert etwa 2,50 bis 2,80 Meter hoch. Mit der Zeit wurden sie immer höher aufgeschüttet und erreichten um 1550 eine Höhe von 3,50 bis 3,75 Meter. Heutige Deiche erreichen Höhe von bis zu 10 Metern und sind mit Vor- und Hinterland bis zu 100 Meter lang.

Vor Beginn der Deichbauarbeiten musste grundsätzlich der Deichuntergrund auf Höhe und Festigkeit, d.h. auf seine Tragfähigkeit untersucht werden. Bei der Ermittlung der Höhe, ging man zunächst von der Höhe des Maifeldes aus, auf dem der Deich zu errichten war und rechnete einen Zuschlag von 60 Zentimeter hinzu. Erst später bezog man sich auf die ordinäre Flut, d.h. auf den Hochwasserstand. Die Bodenfestigkeit wurde durch Bohrungen ermittelt, die jedoch leider nicht bis in ausreichende Tiefe durchgeführt wurden.

Bei der Beschaffenheit des Materials bezog sich zunächst auf Karren, Dielen, Schippen und Spaten. Wobei Spaten und Schippen meist von den Arbeitern selbst mitgebracht werden mussten. Holz, Stroh und Reit mussten für den Bau der Deicharbeiterunterkünfte beschafft werden. Zusätzlich wurde mit den Brauern und Bäckern vor Baubeginn die Lieferung von Brot und Bier, nach Menge und Preis vereinbart.

Das für den Deichbau notwendige Erdmaterial wurde im Deichvorland, durch die Anlage von Pütten gewonnen. Die Pütten waren nach einem bestimmten Schema abzustecken. Ein Pütt war 20 Fuß x 20 Fuß, etwa 6 Meter x 6 Meter groß, sie sollte durchweg 4 Fuß, also 1,20 Meter tief ausgestochen werden. 1 Fuß Tiefe bezeichnete man als Schacht. Dem Kubikinhalt entsprechend wurden Länge und Breite vergrößert, wenn man die Pütt des Untergrundes wegen nur auf 0,90 Meter ausheben konnte.

Die Einzelpütten waren genau ausgerichtet. Zwischen den Pütten mussten sogenannte Speckdämme stehen bleiben, um die Karren oder Wüppen darüber zu führen. Bei der Koyerarbeit mussten sie 3 Meter breit, bei Wüppen 6 Meter breit sein. Das Gesamtvorfeld teilte man in Pfänder von 30 Meter Breite für die Koyerarbeit und 1,80 Meter Breite bei Wüppenarbeit auf; diese Pfänderaufteilung sollte den Wettbewerb unter den Arbeitskolonnen anregen. Alle Speckdämme standen winkelrecht zur Berme. Bei Deichkrümmungen musste man das Püttwerk notgedrungen winkelschief anlegen. An der Seeseite des Hauptdeiches durfte ein Weg von etwa 10 Meter Breite nicht abgegraben werden.

Mit den Ausgrabungsarbeiten wurde bei den hintersten Pütten begonnen, dadurch war die Arbeit zu Beginn am schwersten und am aufwendigsten. In der Pütt standen 3 Männer, die die schwerste Arbeit besorgten, den Aushub der Erde.

Diese Erde wurde in die Wüppen geworfen, die dann über Dielen zur Deichbaustelle gefahren wurden. Je nach der Länge des Weges wurden Ausweichstellen eingerichtet. Auf dem Weg wurden die vollen Karren aus erster Hand der zweiten Hand, bei längeren Wegen weiteren Personen übergeben. Die leeren Karren wurden wieder auf den Ausweichstellen abgestellt und von dem Vorgänger mitgenommen. Auf diese Weise sollte eine Unterbrechung der Arbeit verhindert werden. Am Deich standen zwei Männer, die die dort abgeworfene Erde aufschichten und glätten mussten, dabei kamen sie auf eine Tagesleistung von 45 Kubikmetern Erde pro Mann, wenn man die damals üblichen 12 Stunden Arbeitszeit zugrundelegt.

Die Wüppenarbeit, also mit dem Einsatz von Pferden als Zugtieren, war nur bei trocknem Wetter möglich. Wenn der Klei nass wurde, klebte er an den Pferdehufen und Wagenrädern und war so weich, dass die Räder tief in den Boden einsanken.

Aufbau

Schematischer Aufbau eines Schardeichs. Hier auf einem Hinweisschild der Deichacht am Mandepolderweg in Ostermarsch.

Der Deichquerschnitt erfüllt die technischen Forderungen nach Standsicherheit und Zugänglichkeit und hat gleichzeitig durch das Aufbringen einer Belebtzone eine ökologische Bedeutung für Flora und Fauna.

Der Stand der Technik ist in der DIN 19712, den DVWK-Merkblättern und den DWA-Merkblättern zu Flussdeichen niedergelegt. Der Hauptdeich zur Abwehr von Hochwassern nennt sich Banndeich. Daneben gibt es Sommerdeiche, die niedriger sind als der Banndeich und zur Abwehr kleinerer Hochwasser dienen, die wie der Name sagt, im Sommer vorkommen können. Sommerdeiche dienen in erster Linie dem Schutz landwirtschaftlicher Flächen in der Vegetationsperiode. Heute erfüllen sie daneben Entlastungsfunktion für den Banndeich.

Bei Hochwasser kann Wasser durch den Deichkörper sickern; die dabei entstehende flach geneigte Sickerlinie wird beeinflusst von der Dauer des Einstaus und die Art und die Lagerungsdichte des Deichmaterials. Es ist gefährlich, wenn die Sickerlinie, also das durchsickernde Wasser an der landseitigen Böschung sichtbar austritt. Dann besteht die Gefahr von Ausspülungen oder Böschungsrutschungen. Daher erhält der Deich eine landseitige Vorschüttung als Ballastierung, die gleichzeitig als Unterbau für den Deichverteidigungsweg dient.

Der Aufbau moderner Deiche folgt einem bewährten Muster. Ein fester Sandkern wird von schwerem Kleiboden (etwa 1 bis 1,5 Meter dick) ummantelt und auf diesem eine Grasnarbe gepflanzt, die wiederum von Tieren - in der Regel Schafen - beweidet wird. Dies dient der Festigung der Grasnarbe durch die dafür bestens geeigneten Hufen der Schafe und regelmäßigen Abfraß. Als positiver Nebeneffekt steht den Schafen gutes Weideland zur Verfügung. Verfügt der Deich über kein Vorland (Schardeich) wird der Deichfuß seeseitig zusätzlich durch Beton, Steine und Wellenbrecher verstärkt.

Der Deichverteidigungsweg auf der landseitigen Berme ist erforderlich, um im Hochwasserfall insbesondere den kritischen Bereich des Deichfußes auch mit schwereren Fahrzeugen befahren zu können. Ein Deichverteidigungsweg auf der Krone ist für diese Deichverteidigung nicht geeignet, da durch die Benutzung des Weges durch schwere Fahrzeuge der ohnehin belastete und unter Umständen durchweichte Deichköper zusätzlich belastet würde. Außerdem treten Deichschäden bei Hochwasser fast immer auf der Landseite auf: Aufdringendes Qualmwasser , Ausspülungen infolge Durchsickerung oder rückschreitende Erosion bei Überströmen. Diesen Gefahren kann man wirkungsvoll nur vom landseitigen Deichfuß entgegentreten .

Bei sehr engen Verhältnissen dienen Hochwasserschutzmauern dem Schutz vor Hochwasser. Diese können z. B. als Winkelstützmauer aus Stahlbeton oder als Spundwand erstellt werden .

Grundlage für die Dimensionierung einer Hochwasserschutzanlage ist das sog. Bemessungshochwasser. Es wurde aufgrund komplexer hydrologischer Daten ermittelt, durch Simulationen berechnet und an realen Ereignissen überprüft. Dem für den Regierungsbezirk Düsseldorf festgelegten Bemessungshochwasser liegt eine bestimmte Wassermenge zugrunde, vor der die Hochwasserschutzanlage schützen soll. Dieser Abflussmenge wird eine Wasserspiegellage und darauf aufbauend eine Höhe der Hochwasserschutzanlage zugeordnet.

Die Deichunterhaltung wird an der Nordseeküste in erster Linie von den Deichachten sichergestellt, die dafür Gebühren der Einwohner erheben, die von dem Deich geschützt werden. Grundlage für die Deichunterhaltung ist die Deichschutzverordnung. Diese Verordnung regelt unter anderem auch die Genehmigungsbedürftigkeit oder die Verbote von baulichen Anlagen usw. im Bereich von Hochwasserschutzanlagen

Deichschau

Unter einer Deichschau versteht man die regelmäßige Begutachtung eines Deiches. Deiche, die aufgrund ihrer Wichtigkeit für den Küstenschutz regelmäßig einer Deichschau unterzogen werden, nennt man auch Schaudeich. Deiche, die keiner Deichschau mehr unterliegen, nennt man Binnendeich, Sommerdeich oder Schlafdeich. Auch Altdeich ist als Bezeichnung geläufig. Diese Deiche werden in der Regel nicht mehr oder - im Falle von Sommerdeichen - nur noch als zweite Verteidigungslinie eingesetzt.

In Norden gibt es viele Schlafdeiche, die oftmals noch in den Landstrichen als klare Erhebungen in der Landschaft zu erkennen sind, so zum Beispiel der Wurzeldeich. Entlang der Schoonorther Straße gen Krummhörn, insbesondere im Umfeld der sogenannten Todeskreuzung sind noch viele Schlafdeiche erkennbar, die gleichzeitig Grenzen der heute überwiegend zu Neuwesteel gehörenden Polder darstellen (z.B. Groß-Schulenburger-Polder oder Groß-Charlottenpolder).

Weiterführende Links

Einzelnachweise


Siehe auch