Gemeindehaus (Reformierte Gemeinde)

Aus Norder Stadtgeschichte
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Gemeindehaus (Reformierte Gemeinde)

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Basisdaten
Entstehungszeit 1970
Erbauer Reformierte Gemeinde Lütetsburg-Norden
Bauweise Ziegelsteinbau u.a.
Erhaltungszustand erhalten
Genaue Lage Am Markt 48-49

26506 Norden

Das Gemeindehaus der Reformierten Gemeinde Lütetsburg-Norden befindet sich seit 1970 Am Markt 48-49. Die Geschichte dieser Grundstücke ist untrennbar mit der Herrnhuter Brüdergemeine verbunden, die hier ihre Kapelle sowie ihre Pfarrei hatten. Ursprünglich befand sich auf dem Grund der Hausnummer 49 das Hotel Het Heeren Logement.

Geschichte

Ursprünglich soll sich auf dem Grundstück Am Markt 49 ein Krankenhaus oder Spital des nahegelegenen Norder Kloster befunden haben, welches dem Patron der Seefahrer und Küstenbewohner St. Nikolaus geweiht gewesen sein soll. Dieses Spital lässt sich jedoch ebenso wenig urkundlich nachweisen wie der ostfriesische Landtag, der hier im August 1593 stattgefunden haben und in dem sich die ostfriesischen Stände mit Graf Edzard II. über die Einführung eines Hofgerichts, die Kapitalschatzung und anderes geeinigt haben sollen. Aus Anlass dieses Landtags waren am 25. Juli desselben Jahres kaiserliche und fürstliche Kommissare sowie Subdelegierte angereist, die ihr Quartier in den Häusern der angesehensten Familien der Stadt bezogen.[1]

Wohl nach der (vermuteten) Nutzung als Spital war das hier befindliche Gebäude wohl der Sitz des die Norderkluft dominierenden Adelsgeschlechts.[2] Spätestens im 16. Jahrhundert scheint sich diese Funktion verloren haben, obgleich die an den Grund gebundenen Privilegien erhalten blieben. So genoss man hier weiterhin die Adelsfreiheit.[3] Dies bedeutete, dass das Haus und seine Bewohner praktisch frei von Abgaben waren, dafür jedoch zu bestimmten Anlässen (z.B. Hochzeiten und Trauerfälle) am Hofe in Aurich Ritterdienste leisten musste.[4]

Schon zur Zeit des vorgenannten Landtags soll sich hier das Hotel Het Heeren Logement befunden haben.[3] Der Name des Hotels ist offenkundig friesischer Natur und bedeutet soviel wie Die Herrenwohnung. Nach Ufke Cremer gehörte dieser Gasthof um 1600 zu den bekanntesten der Stadt.[5] Noch heute gibt es in den Niederlanden Hotels bzw. Gasthöfe mit einem solchen Namen.

Die späteren Besitzer des Heeren Logement waren die Familie Steinfelsen sowie danach ein Monsieur Ramshausen. Später wurde ein Remmer Oyken van Dulmen als Eigentümer erwähnt.[3]

1749 veräußerten Ratsherr Th. Thoden und seine Frau das Haus. Am 7. Januar 1750 erwarben es Jan Abraham und Harm Allen als Vormünder für die drei Kinder des Folkert Janssen Stroman für 1.200 Gulden. Am 13. Oktober 1763 veräußerte Jacob Stroman seinen Anteil am Grundbesitz an seinen Bruder Hero Folkerts Stroman für 415 Gulden.[3] Die Gebrüder Stroman hatten zudem Besitz Am Markt 14 (die rechte der Drei Schwestern).[6] Durch den Verkauf wurde Hero Stroman alleiniger Eigentümer des Hauses Am Markt 49.[3] Es ist zu vermuten, dass der dritte Bruder zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben war oder seine Eigentumsrechte anderweitig verloren hatte.

Obwohl Jacob seinen Bruder Hero überlebte[6], erlangte er keinen erneuten Besitz Am Markt 49, denn bereits am 7. Februar 1789 übertrug Hero das Haus an die Herrnhuter Brüdergemeine. Die seit 1738 in Norden nachweisbare Gemeinde hielt ihre Gottesdienste seit 1742 in einem Saal im 1. Obergeschoss des hiesigen Heeren Logement ab.[3][7]

Zu Anfang der 1860er Jahre veräußerte die Gemeinde ihren Besitz Am Markt 50 an die Stadt Norden. Es ist anzunehmen, dass in jener Zeit auch der Besitz Am Markt 49 veräußert wurde, da das Gemeindezentrum nun (auch?) als Kinderbewahranstalt genutzt wurde. Neben der Betreuung von Kindern wurden hier ebenso hier Betreuungs- und Unterstützungsangebote für Mädchen durch den Norder Frauenverein angeboten. Ab 1849 besuchten durchschnittlich 28 Kinder die Bewahranstalt, während ihre Eltern auf den Feldern arbeiteten. Die Betreuungszeit ging von 06:00 bis 19:00 Uhr. 1851 stieg die Zahl der betreuten Kinder auf 31 und vier Jahre später auf 81 an.[7]

Durch großzügige Spenden von Privatpersonen und der öffentlichen Hand konnte 1855 bis 1856 ein Neubau am Fräuleinshof errichtet werden. Die Einweihung der sogenannten Pflegeanstalt für minderbemittelte Kinder fand im Kreis zahlreicher Norder Persönlichkeiten statt. Das Wort minderbemittelt ist nach heutiger Auslegung fehl am Platze, bezeichnet damals aber tatsächlich Kinder aus ärmeren Familien. Minderbemittelt bedeutet hier entsprechend wenig vermögend.[7]

Von 1867 bis 1873 diente das (ehemalige) Gemeindezentrum als Sitz einer Höheren Töchterschule, ehe diese in die Gewerbeschule zog und 1912 schließlich die Gräfin-Theda-Schule als neues Domizil erhielt.[7] Am 1899 wurde der Rechtsanwalt Friedrich Fröhlking neuer Eigentümer des Hauses.[3]

Wenige Jahre später veräußerte die Brüdergemeine ihren letzten Immobilienbesitz: Im Jahre 1905 erwarb die evangelisch-reformierte Gemeinde die von der Brüdergemeine zwischen 1875 und 1876 erbaute Kapelle (Am Markt 48). Zwischenzeitlich hatten die Eigentümer Am Markt 49 noch ein paar Mal gewechselt, zuletzt gehörte es dem Auktionator Schoolmann. Sodann wurden beide historisch wertvollen und ansehnliche Gebäude durch die evangelisch-reformierte Gemeinde am 2. August 1970 abgerissen und durch einen anspruchslosen Zweckbau ersetzt, welcher nur wenig später - 31. Oktober des Jahres - eröffnet und zuletzt 2003 renoviert wurde.[8] Bis heute dient das Gebäude als Gemeindezentrum.

Galerie

Einzelnachweise

  1. Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 123
  2. Die Geschichte der Theelacht, abgerufen am 7. September 2021
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 3,6 Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 124
  4. Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 70
  5. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 98
  6. 6,0 6,1 Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 59
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3 Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 88f.
  8. Geschichte der reformierten Gemeinde, abgerufen am 5. Oktober 2021

Siehe auch